Nicht-Sportler

Was haben sich nur die Nicht-Sportler verändert!

Denn galt früher Winston Churchill als schick, ist es heute Werner Baumann (zwar unbekannt, aber immerhin Bayer-Chef), der sich dem Zwang unter Top-Managern entzieht, Marathon laufen zu müssen.

Heute distanziert man sich vom Sport, um nicht zu denjenigen seiner Gattung zu gehören, die die Selbstoptimierung so weit treiben, dass sie makellos im Sinne der political correctness geworden sind.

‚Selbstoptimierung‘ ist vielleicht auch nicht das richtige Wort. Denn man ist ja nicht nur auf der Suche für sich, sondern sucht die Bewunderung anderer zu erhaschen. Daher drängt der Optimierer auch allen seinen sozialen Kontakten auf, was er so alles an Messinstrumenten besitzt und was für tolle Taten er vollbracht hat.

Darüber hinaus steigert sich das schnell zur Apotheose: man möchte in allen Lebensbereichen nicht nur gut, sondern fehlerfrei sein. Fehler sollen diese Perfektion nicht erschüttern können. Dieser Gott gleiche Mensch modelliert sich immer mehr wie der Athlet in der griechischen Antike – am besten gut rasiert.

Daher kann sich dieses Wesen ’nichts vorwerfen lassen‘. Ist dies wohl sprichwörtlich zu nehmen? Hat er Angst vor Kritik? Wo ist die Naturverbundenheit, die Straucheln und Dreck zum Normalzustand zählt?

So kann man die Selbstetikettierung als nicht-Sportler gar nachvollziehen. Denn will man dieser Held sein? Ist das nicht enorm anstrengend? Und langweilig? Auch wenn man lange lebt.

negative capability

Der Mensch bewertet rasch – und wohl immer rascher. Nach dem Psychologen Schmidbauer (Psychologie heute, Mai 2017, S. 12ff.) muss er sich so nicht mit der Komplexität der Situation auseinandersetzen: es ist abgehakt; ich kann zum nächsten Punkt übergehen; ich muss mich nicht kümmern.

Das wahre Vermögen ist dabei nicht die schnelle vermeintliche Beurteilung und Beherrschung der Situation, sondern das Aushalten von Unklarheit und Spannung. Es ist ein Raum der Suche und Verunsicherung, in den man schreitet, wenn man nicht sofort Bescheid weiß. Diese Unsicherheit auszuhalten, ist nicht jeder Manns Sache. Denn es ist alles andere als Komfort, Selbstsicherheit und Selbstverständnis.

Bei der Meditation gibt es diese Sequenz auch: man beobachtet, was vor sich geht, ohne Einfluss zu nehmen.

Kennen Sie die Verwirrung in Ihrem Kopf, wenn Sie nicht verstehen? Nehmen wir das Beispiel in einem Ausland, dessen Sprache Sie nicht verstehen. Nehmen Sie den Witz, den Ihr Gegenüber erzählt, Sie die Pointe aber nicht nachvollziehen können. Oder nehmen Sie die Unterhaltung in einer Gruppe, bei der einzelne auf eine Geschichte anspielen, die Sie nicht kennen. All‘ das fühlt sich unangenehm an. Gleichzeitig steigt in Ihnen das Gefühl, ja der Zwang auf, die Lücke der Unklarheit zu beseitigen.

Das Experiment zu wagen, kann sich lohnen. Denn man betritt unbekanntes Terrain. Und wer neugierig ist, der hält ohnehin aus, auf Unbekanntes zu treffen.

Diese Form von Aushalten will gelernt sein. Denn nicht Kontrolle ausüben zu können, ist dem Menschen recht wesensfremd. Zu sehr weiß er, seine Umwelt zu verstehen und zu beeinflussen. Sozialisierung bedeutet ja, sich in seiner Umwelt zurecht zu finden und sein Leben zu meistern.

Man müsste mal

So ziemlich jeden Medien-Kommentar durchzieht der Aufruf des Autors, dass man handeln müsse. Wer handeln soll, bleibt meist der Phantasie des Lesers überlassen.

Man kann sich Gott vorstellen. Man kann auch mündige Bürger aufrufen. Man kann die Politik als Daseinsfürsorger in allen Lagen begreifen.

Man kann auch weiter gehen, und die Vernunft direkt aufrufen. Das könnte der Weltgeist Hegels sein. Oder aber die unsichtbare Hand von Adam Smith.

Oder der Autor meint tatsächlich den ‚anderen‘, jeglichen Mitmenschen. Der könnte doch etwas tun!

Der deutsche Kommentator gefällt sich in der Analyse von Bedarfen und der Konstruktion von Optionen zur Problemlösung. Das Ganze findet fast immer in theoretisch-abstrakten Räumen statt, ganz wie ein Kriegsspiel, mit dem die Militärs unterschiedliche Bewegungen experimentierten. Das Tun ähnelt auch dem Arzt, der bei der Diagnose findig ist, aber nicht unbedingt stringent bei der Therapie. Und der dann demonstrieren will, was er alles gelernt hat. Es ist elaboriert, wissensreich, elegant, und und und.

Es geht in keinem Fall um die schnöde Problemlösung des Einzelfalls. Der Kommentator ist auf der Suche nach einem Muster, quasi der Weltformel zur Lösung der immer gleichen Probleme. Und so ist die plumpe und effizienteste auch nicht die beste Lösung. Es muss die moralisch unangreifbarste Option sein.

Vor all‘ der Analyse vergisst der Kommentator, dass der Leser auch einen praktikablen Vorschlag zur Überwindung der Problematik lesen will. Er will hoffen können, nicht mehr denselben Kommentator zu dieser Sachlage lesen zu müssen. Ist es aber ein Deutscher, will er genau das.

Larry Page

Der Mann bewegt Großes – und ist dennoch nicht so schillernd wie andere Unternehmenslenker aus dem Silicon Valley. Er ist scheu, eher maulfaul, führt ein normales Leben und ist berechenbar in seiner Entwicklung.

Was an Google spannend ist, drückt Page so aus: bei Unternehmen geht es nicht nur um das Verdienen von Geld, um Umsatz, um Expansion, um Größe und um Wettbewerb. Es geht um einen Beitrag zur Versüßung des Lebens. Page würde sich vermutlich über den lustig machen, der meinte, er selbst sei ein Kapitalist und würde der kapitalistischen Profitmaximierung frönen.

Auf der anderen Seite gilt Page als weltfremder do gooder, der sich großen Zielen hingibt, ohne ihnen nahe zu kommen. Man muss argwöhnen, dass sein Palaver nur das monopolistische Treiben seines Unternehmens verbergen soll.

Und dennoch ist der persönliche Impetus dieses Mannes ansteckend und vorbildlich: „ich möchte nur in einem inspirierenden Unternehmen arbeiten, das auch etwas bewegt!“ ist seine Maxime. Daraus spricht protestantische Ethik und die Haltung, in seinem Leben etwas zu leisten.

Der heutige Arbeitsmarkt steht auf der Kippe zwischen dieser Maxime und der alten Lösung, ‚mit eigener Händen Arbeit sein Leben zu verdienen‘. Im Englischen heißt es trefflich ‚to make someone’s own living.‘

Die Perspektive jedoch, eine Unternehmung zu betreiben, um Neues zu entwickeln, ist so viel mehr, als nur Produkte zu vertreiben, um seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Paris liebt, Berlin fickt

Diesen Satz las ich kürzlich in einer Eloge auf die Stadt der Liebe, Paris. Dort würde, so der Autor, Liebe als Wert an sich gelebt.

Berlin, auch ein Ort, an den es junge Menschen zieht und das ein mythisches Image hat, scheint jedoch ganz anders zu funktionieren. Partnerschaften sind wahllos, geschlechtliche Liebe wie ein normaler Einkauf, das Einlassen auf den anderen eher eine Qual.

Was ist passiert? Hat das etwas mit Berlin zu tun? Ist uns der Begriff der Liebe abhanden gekommen? Oder ist vielleicht Paris nur die Ausnahme und nicht die Regel?

Zwischenzeitlich thematisieren gar Artikel, Lyrik und Romane das Faktum. Und sie sind sich einig in Lamento des Verlustes. Denn man kann ja den Kick bekommen, die Treue nicht. Man erfährt erst gar nicht mehr, was eine Liebes’beziehung‘ bedeutet. Und Familie ist so auch nicht mehr drin.

Ich habe vor rund 15 Jahren eine junge Frau getroffen, die vergeblich auf der Suche nach einem Partner war. Schließlich biederte sie sich einem Mann in einer stabilen Beziehung an. Sie war nicht gerade glücklich.

Und man sieht immer häufiger in der Stadt und auf Reisen Gruppen von Frauen. Als ob man nur noch mit seinesgleichen ausgehen würde!

Das alles ist nach meiner simplen Einschätzung nicht auf die Tradition der Deutschen und ihr seltsames Verhalten bei der Ehe zurückzuführen. Denn das erklärt höchstens die Rationalität einer Eheschließung.

Andererseits könnte man sich an das Mittelalter erinnern, als die Frau Freiwild war – bis die katholische Kirche Ihre schützende Hand über die Frauen hielt. Zudem bedurfte es des Minnesängers, um endlich Schlacht, Romanze, Flirten und dergleichen in die Welt zu bringen.

Sexualität wird zum Einkauf. Tinder wurde von Homosexuellen erfunden, die allen Grund für Ihre Nachahmung haben. Aber: wieso können die eigentlich nicht werben?

Man muss sich aber auch fragen, ob der Exzess des amor fou nicht auch ein spinnertes Verhalten ist, das Menschen nur Scherben produzieren lässt.

Wenn sich nun auch noch der Geschlechtsverkehr als Normalverhalten etabliert, frage ich mich auch, ob uns die Psychologen nicht sagen werden, dass der Preis für sexuelle Befreiung, Identität und Erfüllung eben diese Beiläufigkeit ist, mit der Mann und Frau durchs Leben wanken.

Hinterher laufen

Wissen Sie, ich bin Läufer. Jogger sagt man ja heutzutage nicht mehr. Denn die Läufer sind mehr als Jogger:-)

Häufiger nehme ich an sog. Volksläufen teil. Das sind solche Veranstaltungen, die Nicht-Läufer verärgern, da dies mit Straßensperrungen verbunden sind. Oder aber sie schütteln den Kopf darüber, dass es Menschen gibt, die sich über diese seltsame Prostitution amüsieren.

Doch aus der Masse stellt sich das anders dar: man trabt vor sich hin und erwartet das Ziel, bevor die Beine wieder in den Modus Gehen schalten können. Seine Zeit kann man unterschiedlich verbringen, wenn man läuft. Denn sich umzuschauen lohnt. Dort sieht man allerlei, wie Häuser, die an einem Läufer vorbeiziehen, die Zuschauer, die irgendwie motivieren oder den Asphalt, den man besser beachten sollte, wenn man denn nicht stolpern will.

Doch jeder, der läuft, kennt die Aussicht auf die Läufer, die in Sichtweite vor einem traben. Man sieht sie von hinten. Nun lässt sich überlegen, wie die wohl von vorne aussehen. Man kann die Sportlichkeit des Laufstils beachten. Oder dem Läufer auf den Hintern gucken.

Ich persönlich muss mir dann beim Laufen die Frage stellen, ob ich den einen oder anderen schnelleren nicht einholen müsste – schließlich ist das alles ja ein Wettbewerb. Doch genau dieses Moment des Überholens, davon laufen und des dahinter Bleibens ist der Sport, der uns Läufern die Einsicht gibt, dass es immer wieder denjenigen gibt, der schneller ist – es sei denn, man ist der schnellste.

Mit der Einsicht wächst die Lust, überholt zu werden. Versucht könnte man sein zu denken, der oder die liefe besser und schneller. Und so wird es erträglicher.

Doch ist tatsächlich dieses hinterher Laufen eine Einsicht: die sind besser, schneller, geschmeidiger und eleganter. Ich beobachte so den Stil und bin dann irgendwie froh zu beobachten, dass es den schönen und schnellen Lauf gibt.

Ich habe dann das Glück, es sehen zu dürfen, ohne selbst derjenige zu sein, dem man hinter her schaut.

Hingucken

Mir fällt nur ein Bild ein, das den inneren Drang illustriert, den man entwickelt, einen schönen Menschen anzuschauen: das Jammern des Odysseus, als er an den Sirenen vorbeisegelt. Dasselbe passiert bei extremen Grotesken, dem Elefantenmann, dem enormen Adipösen, Cyrano de Bergerac und anderen.

Und so kann man sich nicht zurückhalten hinzuschauen. Andere sprechen dann despektierlich von Gaffern oder Voyeuren. Ich denke, dass wir selbst dem Antrieb kaum widerstehen können, dorthin zu schauen, wo ein öffentliches Interesse entsteht.

Nicht thematisieren will ich die Anlässe oder die ethischen Schranken des Dranges. Mich interessiert, wieso dieser Zwang zu glotzen so ’natürlich ist‘.

Ist er das? Es gibt Menschen, die keine Notiz von außergewöhnlichen Erscheinungen nehmen. Nehmen wir die Metro in New Yorck City: man vermeidet geradezu den Blick auf andere aus der Angst, man könne Opfer derer Aufmerksamkeit werden. Denn die Erfahrung und die Berichterstattung lehren, dass die Beäugten aggressiv werden können – ähnlich dem Hund, dem man direkt in die Augen schaut. Offenkundig ist dies die Herausforderung zur direkten Auseinandersetzung.

Dennoch schauen wir hin: denn alles Außergewöhnliche zieht uns an; das Normale langweilt uns, da es selbstverständlich ist. Aber schon die Nudel an der Lippe, der Pickel auf der Wange, der Popel am Hemdkragen oder der Spritzer im Haar sind für uns Hingucker.

Blicken wie auf eine große Anzahl von Menschen, so fallen uns die Grossen und die Kleinen auf, die Dicken und Dünnen. Den Durchschnitt übersehen wir. Blicken wir auf die Gruppe in Farbe, dann sehen wir vor allem das Rot, an zweiter Stelle dann andere ungewöhnliche Farben.

Der Mensch ist wohl geeicht, das wahrzunehmen, was jenseits des Bekannten, Gewöhnlichen, Durchschnittlichen und ist. Einerseits dürfte es der eigenen Sicherheit dienen, nicht die Gefahren durch das Fremde zu übersehen. Andererseits und im kompletten Gegensatz dazu ist eben dieses Fremde der Anlass zuerst für Aufmerksamkeit, dann für Faszination, Initiative und Aktion. Das wohl macht uns Mensch so ‚un’gewöhnlich und extra, auch so schwer berechenbar und überraschend. Das Gaffen gehört wohl dazu.

Helden

Jede Kultur kennt Helden. Es gibt die historischen Helden und Mythen, wie Jeanne d’Arc oder Wilhelm Tell. Zeitgenössische Helden sind meist Sportler oder Alltagshelden, die mit einer Aktion berühmt werden.

Und es gibt Rollenmodelle, wie der Rockstar oder der Marlboro-Cowboy. Es gibt Modelle, die nur noch durch die Überlieferung für etwas stehen, wie Jesus oder Mohammed. Auch kennen wir Helden, die eine gerechtfertigte oppositionelle Haltung darstellen, wie Gandhi oder Mandela.

Helden sagen eine Menge über die Kultur aus, zu der wir uns zugehörig fühlen. Häufig sagen uns diese Helden nichts, doch wissen wir, wofür sie stehen. Genauso verhält es sich für die Anti-Helden.

Wie wäre es, seine eigenen Helden zu definieren? Sie stellen nur eine Projektionsfläche dar, sind also konstruiert. Also sagen sie mehr über die Verehrer aus denn über die Helden. Vermutlich verhält sich jeder Held im Kopf seiner Verehrer anders.

Also ist es interessant für jeden, der etwas Explizites über sich erfahren will, seinen Held zu beschreiben. Ob das mit dem nach außen erklärten Selbstverständnis gleichzieht, ist von einiger Wahrscheinlichkeit, doch nicht garantiert. Versuchen Sie es!

Pflicht zum Wissen

Kürzlich las ich von einem öffentlichen Aufruf der MaxPlanck-Gesellschaft, Tierversuche zuzulassen. Es ging darum, für die experimentelle Praxis von Tierversuchen zu werben. Es ging vor allem darum auszudrücken, dass wir Erkrankungen weder in den Griff bekommen noch heilen können, soweit wir Tierversuche nicht nutzen.

Darin war auch die Aussage, dass der Mensch zu Wissen verpflichtet sei – und basta! Wow, dachte ich. Das ist eine echte Aussage mit Verve.

Das können Wissenschaftler ja behaupten. Aber gilt es etwa für alle Menschen? Eine interessante Frage: Muss der Mensch ein homo sapiens sein? Oder kann er nicht bloß ein Wesen sein, das sich fortpflanzt? Hat man kein Anrecht darauf zu leben, wenn man nur so vor sich hin vegetiert? Ist der besser, der weiß, als der, der nicht weiß?

Das empfinden Menschen der beiden Gruppen sehr unterschiedlich: der Wissende sagt, das Wissen nun mal zum sinnvollen Austausch zwischen Menschen gehöre, das Wissen die Menschheit voranbringe und das Wissen den Menschen ausmache. Diejenigen, die Wissen relativieren und ohne eigenen Wert sehen, behaupten, dass man auch ohne Wissen ein gutes Leben haben könne.

Muss der Mensch wissen? Um sich vom Tier abzuheben? Oder um sich in Kultur auszudrücken? Um der Gesellschaft etwas zurückzugeben?

Man muss wohl, sonst könnte man nicht mitschwimmen im Dialog, nicht mit Lust kommunizieren, sich nicht in sein Hobby vertiefen, nicht andere begeistern und vieles mehr.

Sapere aude!

Kotzbrocken

Es gibt richtige ‚Kotzbrocken‘ unter den Menschen. Sie sind negativ und abwertend zu Ihrer Umwelt. Und dennoch sind Sie seltsamerweise unter uns, obgleich man sie lieber unter den Eremiten sehen würde. Sie finden sich im Kreis der großen Familien – oder unter Kollegen. Man schleppt sie in größeren Gruppen einfach mit.

Es sind die Miesepetrigen, die Misanthropen, die Bruddler, die Schimpfer, die Mauler, die Prozesshansel, …

Die Vielfalt der Begriffe zeugt schon davon, dass es Menschen dieser Sorte in vielen Schattierungen gibt und gegeben hat. Die deutsche Sprache hätte sie wohl sonst vernachlässigt.

Nun muss man sich fragen, was mit diesen Ich’s eigentlich passiert ist. Ein Beispiel ist mir dabei aus naher Umgebung und direkter Erfahrung geläufig. Ein nun 50-jähriger spricht bei Familienfeiern mit niemanden mehr außer mit seinen Kindern und fremden Gästen, die er nie zuvor gesehen hat. Bei ihm frage ich mich exemplarisch, ob er sich der seltsamen Konstellation bewusst ist. Er muss sich in seinem Kopfkino bewusst sein, dass all‘ die anderen Blödmänner sind, die ihn verärgern – vielleicht auch nicht wert sind. Seine Qual wird dadurch vergrößert, dass die Feiern lange dauern und er stets darauf achten muss, nicht angesprochen zu werden und räumlich am Rande zu stehen: der Außenseiter bekommt seinen Platz!

Seinesgleichen brummt sich durch das Leben. Doch verlassen sie es nicht, indem sie sich aufmachen, neue und andere Bekanntschaften zu machen. Sie werden auch keine Einzelgänger oder Eremiten. Sie benötigen gar ihr Publikum, Ihre ’schlechte Laune‘ auslassen zu können.

Ich weiß nicht, ob das ein anthropologischer Grundton ist. Taucht er in der Bibel, den antiken Mythen oder x auf? Immerhin gibt es ihn reichlich in der Literatur und im Film.

Was nur ist diesen Menschen gemein? Haben sie ein traumatisches Geschehen erleben müssen? Stimmen die Hormone nicht? Waren sie als Kinder schon so? Können Sie sich freuen, wenn sie ab und an einen Erfolg verbuchen können?

Und wie kann man sich ihnen nähern? Sollte man es tun? Lohnt sich das? Wie ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis?

Ich habe mich nie bemüht, da mir diese Menschen das Gegenteil von Anziehung und Attraktivität bieten, nämlich Abwehr, Verstoß und Zentrismus.