Herzensbrecher

„Es bricht mir das Herz“; „Sie/er bricht mir das Herz“; „solch ein Herzensbrecher wie er ist.“

Solche Sätze und Aussagen sind so geläufig. Sie sind meist in einer literarisch eindringlichen Stimmung formuliert: Sie zieren Gedichte, Liebesbriefe, romantische Novellen und dergleichen mehr.

Was aber ist es, ein Herz zu brechen? Und wie bricht es? Es bricht nicht, es stottert; es kann auf die Belastung nur durch Nicht-Funktionieren und Aussetzen beantworten.

Es gibt gar medizinische Evidenz, dass es Etwaiges gibt: Menschen sterben daran, dass ein emotionaler Bezugspunkt plötzlich verschwindet, ja tot ist. Ist der langjährige Lebenspartner nicht mehr am Leben, so entscheidet das Herz auf Stillstand.

Aber gibt es eine Erklärung, die nicht Pumpe, Gefäß und Gerinnsel ist? Sie müsste allemal biologisch sein. Die Erklärung ist wohl banal, da der Körper nicht unabhängig von Grundstimmung und Identitätsgefühl ist. Das zeigt sich dann, wenn ein Mensch sich aufgibt: das kann sein, wenn eine Erkrankung an ihm nagt, wenn sein Alter zur unerträglichen Belastung wird oder ein zentraler Lebenspartner fort ist.

Schritte dazu sind sicherlich das Nachlassen bei der Hygiene; die Ignoranz für gute Ernährung und einen angemessenen und ausgeglichenen Alltagsrhythmus; die Gleichgültigkeit für soziale Reaktionen; die Aufgabe von Lebenszielen usw.

Wofür soll dann ein Herz noch schlagen? Der Körper empfindet den Gedanken nach, dass er jegliches Erreichen von gesteckten Zielen aufgibt. Es lohnt nicht mehr zu leben!

Dem Elefanten wird nachgesagt, er verließe die Herde und zöge sich in die Einsamkeit zurück. Was nun offenbar wird: er lässt sich an einem Wasserloch nieder, da er dort Nahrung vorfindet, die er mit seinen brüchigen Zähnen kauen kann. VieIleicht ist dies das Modell.

Ich bin zu alt dafür

Es steht der Satz, dass Geschichte ‚die ewige Wiederkehr des Gleichen‘ ist. Schon lange kenne ich dieses Zitat. Früher empfand ich es als ein Mystikum, das Wahrheit ausstrahlte, sie aber nicht verstand. Heute sehe ich die Aussage als banal an.

Es beginnt mit meinem jetzigen Verhalten als zusehends älterer Mann. Ich empfinde dieses Lächeln von Kindern, die Lebendigkeit von Jugendlichen und den revolutionären Aufruhr von Studenten als wohltuend. Ich lächle und schmunzle, es macht mir gute Laune. Denn all dieses Verhalten wird immer wieder mit dem Alter verbunden sein. Der Frohgemut und die Lust auf Leben sind und bleiben die Essenz für Sein.

Eigentlich weiß ich nicht so recht, was mich treibt. Denn das war doch schon diese 1.000e von Generationen vor mir so. Also erkläre ich mir das mit dieser Lebendigkeit, die bei mir zwischenzeitlich selbst gedämpft ist – wie ich auch nicht mehr lauthals lache oder enormes Herzklopfen bei der Freude habe.

Diese Reife hat mit Vielem zu tun. So ‚regen‘ mich viele Dinge nicht mehr auf. Ich habe solche Dinge kommen und gehen sehen – ich kann sie relativieren. Der Neuigkeitsgehalt von Vorkommnissen nimmt ab. Meine eigene körperliche Biologie provoziert mich nicht mehr zu stärkeren Reaktionen. Schließlich bin ich wie der reife Apfel, der nicht gepflückt ist und herum hängt.

So einsichtig der Satz, so gefährlich ist er. Denn es gibt auch den Gegensatz ‚man ist nie zu alt für x‘, der gleichzeitig seine Berechtigung hat.

 

Ich habe sie gesehen!

Dort war sie, die große alte Dame. Sie ist über 1.000 Marathons gelaufen. Als ich Sigrid Eichner im Alter von 74 Jahren sah, war ich verwundert über diese zarte und zähe Figur, die sich darbot.

Und auch die Queen Mam hatte ich einst gesehen, zugegebenermaßen in einem für mich misslichen Augenblick. Denn ihr Auto fuhr mich fast um, als ich vor über 20 Jahren im Zentrum Londons eine Straße überqueren wollte. Das hätte seltsame Schlagzeilen erbracht:-)

Irgendwie fühle ich mich auch zu Riefenstahl hingezogen. Aber ich habe auch am Schicksal von Heidi Hettler teilgenommen, die immerhin so nach Berlin passt wie der Bär an sich.

Nun geht es mir nicht nur um diese prominenten Personen, sondern die tatsächlich hochbetagte Frau, die nicht alt ist. Ich sehe in diesen Beispielen einen ähnlichen Typ: wild entschlossen; eigensinnig; offen, aber nicht humorig; und eine totale Unabhängigkeit und Souveränität. Es ist die Frau, die nicht mit ihrer Unabhängigkeit kokettiert, um anderen zu gefallen.

Unser Bild des Weisen mag der bärtige und rundliche Mann sein, der mit mildem Lächeln seine Ratschläge erteilt. Wie anders nur sind die Frauen, die ihr Leben so gestalten, indem sie eigene Projekte vorantreiben. Dieses Bild erweitert das von der Frau schlechthin.

Es geht eben nicht um den Typus, sondern die Würde und den Eigensinn. Man muss sich dafür hüten, nur die Sensation des hohen Alters und die Un-Wahrscheinlichkeit des Todes trotz körperlicher Gebrechen zu sehen.

Obama empfing eine 106-jährige Schwarze während seiner Amtszeit. Die Bilder dieser alten schwarzhäutigen Dame ging um die Welt. Und kürzlich wurde die 112 Jahre alte Italienerin portraitiert, die wahrscheinlich der älteste derzeit lebende Mensch ist.

In mir taucht tatsächlich die Freude auf, daran teilhaben zu dürfen; derjenige zu sein, der das Glück hat, diese Ausnahmen mit meinen Augen sehen zu dürfen. Es ist eine Freude, ein Privileg.

 

Man muss doch ‚mal

Würde es ein Wort des Jahrzehnts geben, käme man an dieser Option nicht vorbei! Es wird täglich, vielleicht minütlich 100.000x benutzt, um zu klagen und ‚die anderen‘ zur Verantwortung zu mahnen.

Es hat nichtmals zum Sprichwort gereicht. Es ist eigentlich der Gedanke des Jahrhunderts, ähnlich wie das ‚Tor des Jahrzehnts‘ der Sportschau. Aber vielleicht wird es ja noch einmal.

Auch das Kabarett greift es nicht auf, was ich komisch finde. Wieso ist es nicht eine vertiefte Behandlung wert? Es ist immerhin voll von Politik. Denn der Wutbürger und der Abgehängte könnten es zum Wahlspruch erheben, ähnlich wie Obama mit ‚yes, we can‘ oder wie Merkel mit ‚wir schaffen das‘.

Das funktioniert übrigens bei dem kleinsten Anlass: Sieh ‚mal! Ein Papierschnipsel auf dem Asphalt. Könnte man denn nicht endlich einmal dafür sorgen, dass das aufhört? Oder der Blechschaden an der Ecke: es muss immer erst etwas passieren, bevor man handelt. Oder die Überflutung des Kellers bei Regen: hätten die denn nicht daran denken können, dass der Gulli bei viel Regen nicht so viel Wasser aufnehmen kann?

Wer ist eigentlich ‚man‘ oder ‚die‘? Es ist der Schrei nach den anderen. Wenn ‚die’ nicht reagieren, müssen es Politik und Staat sein.

Man kann mit dem Satz auch rüde umgehen. Ein Kollege forderte von seinem Vorgesetzten, eine Idee im Interesse der Einrichtung umzusetzen. Der blaffte nur: „man muss nichts – außer sterben!“

Objektiv ist es reichlich bequem, die kleine Störung oder den großen Störfall irgendjemand zuzuweisen, von dem man annimmt, es gebe einen Zuständigen. Dahinter steckt auch die Idee der Daseinsfürsorge durch andere, die Eltern, den Trainer, den Lehrer, die Kommune, den Arbeitgeber oder nicht benannte. Dass für einen gesorgt wird, ist normal. Es muss überall Unterstützung geben.

Nichts auf der Welt ist mehr ohne menschliche Kontrolle. So ist auch alles geregelt. Das zeigt sich schließlich bei Versicherungen und Haftungen: nur noch höhere Umstände gelten als ungedeckt.

Dies führt letztlich zum Unmut und zur Abwehr seiner eignen Verantwortung, Courage und Engagement. Ich muss mich doch nicht darin auch noch einbringen.

Komisch: wir alle wollen mündig sein; entscheiden dürfen; auf unsere Umwelt Einfluss nehmen – aber wir wollen eben nicht müssen, nur dürfen.

 

Mein Körper und ich

Die menschliche Identitätsbildung geht zwei Wege: die der geistig-psychischen Persönlichkeitsentwicklung und die der Akzeptanz und dem Kennen seines eigenen Körpers.

Teil 2 der Identitätsbildung nimmt jedoch nicht nur weniger an Aufmerksamkeit ein: es wird auch mit weniger Verve durch den Menschen begleitet.

Was lässt sich von außen beobachten? Es sind die typischen Stadien, die wir alle in unsrem Leben durchlaufen. Welche sind das?

Als kleines Kind lernt man mühsam, seine körperlichen Funktionen zu verstehen, einzusetzen und zu verbessern. Als Teenager dann blicken wir auf unseren Körper mit Erstaunen, wenn er dich vom Kind in den Zustand eines Erwachsenen aufmacht. Mädchen und jungen tun sich schwer. Oftmals mag man sich dann nicht, weil man nicht mit dem eigenen körper zufrieden ist. Als junger Erwachsener dann beansprucht, quält und überfordert man zuweilen seinen Körper. Das kann der Sport sein, aber auch der Versuch, bis an die Grenzen körperlicher Belastbarkeit zu gehen – wenn man beispielsweise Tessiner Parties feiert.

Als Erwachsener kämpfe ich dann zunächst mit den Folgen der Überernährung, später dann mit den ersten Alterserscheinungen, schließlich mit Alter und Krankheit.

Der Mensch baut sich ständig um; der Körper ist immer im Wandel; er ist nie derselbe, der es bei der letzten Betrachtung noch war;

Immerhin baut sich das Knochengerüst x mal während des Lebens um. Auch die Haut ersetzt sich im Leben mal.

 

Mein Ziehvater

Es gibt Milieus, Kulturen und Wertewelten, in denen die Ausbildung am Modell von Vordenkern und Meistern völlig normal ist. Man muss einer Schule oder einem Kreis angehören, um überhaupt von der Fachöffentlichkeit ernst genommen zu werden.

Kein Musiker würde ohne die Meisterkurse zitiert. Kein Maler würde ohne Hinweis auf Einflüsse anderer bildnerischer Künstler beschrieben. Kein Sportler würde nicht an Image gewinnen, wenn er nicht seine Meriten unter einem Toptrainer hätte verdienen müssen. Kaum ein Wissenschaftler bemüht sich nicht, auf berühmte Hochschullehrer hinzuweisen.

Andere Welten aber zeigen genau das Gegenteil: in denen Prominente eher singuläre Typen sind, ‚die sich selbst erfinden‘. Oder man sich gegen eben Führungsfiguren durchsetzen muss, um Macht und Leitung beanspruchen zu können, um das geradezu zu legitimieren. Auch Begründer neuer Welten – seien es Walt Disney, Albert Einstein oder andere – sind gerade deswegen so verehrt, weil sie vermeintlich ‚aus sich heraus schöpfen‘ konnten.

Der Autodidakt ist dagegen nur ein ‚Zufall‘, könnte man fühlend denken. Denn der bildet doch nur zufällig und beiläufig etwas aus, was den Geschmack für Exzellenz trifft. Der Meisterschüler dagegen steht jedoch in der Tradition, die – assoziativ – gleich mit in das Können des Experten eingeht.

Meines Erachtens ist die Ausbildung von Meisterschaft und innovativer Expertise eine Mischung von allem. Ein ‚Ziehvater‘ ist nur wichtig, soweit er zum Genre des Gebietes gehört.

Mobbing als Motivation

Es gibt Arbeitsatmosphären, in denen nur noch Eifer und Engagement einzelner Personen zu erwarten sind, wenn man damit Kollege x Schaden zufügen kann.

Wie hoch die Kosten für solches Verhalten wohl sind? Wenn man dies für ein ganzes Land aufrechnen würde? Was wohl das Äquivalent an öffentlichen Investitionen wäre?

Meist sind langlebige Konstellationen dafür verantwortlich. Gerne würde man denken, dass Menschen sich in ihren Animositäten verhaken können. Weniger ist dies nur wahrscheinlich als es ganz sicher passiert.

Mir erzählte eine junge Frau, dass sie recht lange im Sozialwesen gearbeitet habe. Sie wechselte oft Job und Anstellung. Auf meine Frage nach der Ursache für die vielen Wechsel erklärte sie, dass diese offene Art und freigiebige Art des gegenseitigen Umgangs zu ständigen Konflikten geführt habe. Öffnet man sich dem Konflikt, ist er eben präsent – und sehr erschöpfend.

Psychologen erklären, dass Gelassenheit gegenüber Störfaktoren leicht bewältigt werden – es sei denn, sie kommen häufig / immer vor und gehen dem Beobachter mächtig auf die Nerven. Dann baut sich Druck auf, der auch bei der winzigsten Andeutung einer Wiederholung abgelassen werden muss. Wahrscheinlich kann man sich so auch viele Totschläge und Morde in Beziehungen erklären: einer der beiden konnte mit einigen ’schlechten‘ Gewohnheiten einfach nicht mehr.

Und so können auch kleine und großen Sabotagen zum Elixier von Aufmerksamkeit und Arbeitssinn werden – um diesem oder jenem Kollegen Schäden, ihm oder ihr eines auswischen zu können. Dann plötzlich können die lethargischsten Mitarbeiter zu großer Form auflaufen. Sie wittern dann plötzlich die Chance, dem anderen zu zeigen, dass niemand an Ihnen vorbeikommt.

Meist wird das von der öffentlichen Demonstration begleitet, man selbst könne es besser. Schließlich machen die anderen die Sache schlecht. Das lässt ja nur den Schluss zu, Sie können es besser.

Was machen?

Rechthaberei vs. Rechthaberei

Die Deutschen sind ungemein Rechts-versessen. Doch ihr Verhältnis zum Recht ist ein sehr eigenes. Das fällt erst so richtig auf, wenn man dies mit Asiaten vergleicht. Dort ist Recht ein Vehikel für sozialen Ausgleich und das Ausräumen von Konflikten. Hier in Deutschland aber ist es ein Wert an sich, nicht nur ein Instrument.

In Deutschland gibt es Prozesshansel, Querulanten. Ob dieses Phänomen sonstwo verbreitet ist, ist mir unbekannt. Doch könnte es eines dieser deutschen Spezifika sein, von denen Deutsche selbst nichts wissen wollen.

Mich erinnert das an das Kind in der Trotzphase, das mit beiden Beinen auf die Erde stampft, um sein (!) Recht zu erhalten. Wenn ihm gewährt wird, ist es nicht froh – nein, es fühlt sich bestätigt. Recht haben ist wie ein Menschenrecht einklagen.

Recht haben ist gleich bedeutend mit ‚mir gehören‘. Es ist dieses Recht, das nicht für alles andere ist, sondern für sich selbst. Man deklariert das Recht für sich.

Dem Gegenüber stehen natürlich die Pflichten, die das Pendant zum Recht sind. Doch diese Pflichten verschwinden in dem Maße, wie auf das eigene Recht gepocht wird.

Nie würden wir Liberalen Demokraten daran zweifeln, dass Menschen ihr Recht haben sollen, auch einklagen können. Doch was tun wir mit dem Missbrauch? Wir planen Gerichtsreformen oder klären darüber auf, dass auch Hitler durch eine legale Revolution die Macht ergriffen hat.

Ich meine, man sollte Rechthaber moralisch auch ächten dürfen. Ich meine nicht diejenigen, die für eine Meinung streiten. Die müssen am Ende des Meinungsstreits äußern dürfen, dass sie recht behalten haben.

Ich meine diejenigen, die recht zur Durchsetzung persönlicher Vorteile anwenden – und das Augenmaß verlieren, indem sie sich damit brüsten, es anderen absprechen und nur sich selbst zugestehen.

 

Rettung der Population

Tiere begehen Selbstmord: diese Nachricht würde für jedes Medium als Schlagzeile taugen. Denn das wäre eine Überraschung! Andererseits würde es den Menschen auch freuen, im Tier einen menschlichen Companion zu haben. „Ich wusste schon immer, dass sie uns ähnlich sind.“

Ganz abstrakt würde es den Menschen entlasten, eben nicht alleine zu sein. Zudem könnte er ergründen, wieso andere Wesen zu diesem Mittel greifen.

Nun gibt es tatsächlich so etwas wie ein freiwilliges Massensterben von Tieren, bei Walen, Delphinen oder Hunden. Sie begehen tatsächlich Suizid. Die Zoologen erklären das damit, dass es eine Überbevölkerung gibt, die es nicht erlaubt, sich aufgrund der natürlichen Grundlagen in einem spezifischen Terrain zu ernähren. Daher wird die Population verkleinert.

Der Mensch aber würde hieraus keine Schlussfolgerungen für sich selbst ziehen wollen. Man stelle sich das vor: Massenselbstmord zugunsten des Überlebens einer Ethnie, Milieus oder sonstigen Gruppe!

Zahlreiche Spielfilme thematisieren die Notsituation, wenn Menschen irgendwo – fern ihrer Zivilisation, die dann aber nur eine Versorgungsinfrastruktur darstellt – auf sich alleine gestellt sind: ein Hauen und Stechen um den persönlichen Vorteil und das eigene Überleben beginnt dann.

In früheren Zeiten mag der Mensch so agiert haben. Heute plündert er kollektiv seine Lebensgrundlagen aus. Überbevölkerung, aber nein!

 

 

Sei glücklich

Die positive Psychologie ist eine Errungenschaft, die über 100 Jahren der pathologischer Psychologie ein Ende gemacht hat. Wie schön ist es, nicht nur als Opfer und Subjekt dem großen Meister gegenüber zu sitzen, sondern sich auch – auf Augenhöhe – über persönliche Herausforderungen austauschen zu können!

Dass diese positive Wende der Psychologie gekommen ist, verdanken wir natürlich nicht den depressiven Kulturen. Es sind die bejahenden Wertesysteme, die solcherlei zustande bringen. Es können aber nur die sein, die Glück, Hoffnung und Zuversicht explizieren. Und das sind die, welche in Chancen statt in Problemen denken, Scheitern zur Erfahrung erklären, Lebensmut auch in finanziellen und gesundheitlichen Krisen zeigen und überzeugt davon sind, dass der Mensch ein Recht auf Glück hat.

Eigentlich ist das eine tolle Sache. Vergleichen wir Kulturen nach Krisensituationen, so finden wir sehr unterschiedliche Reaktionen: in Haiti liegt nach dem Erdbeben weiter Vieles in Trümmern; in Japan wird gibt es nacxh Flut- und Reaktorkatastrophen

unentwegten Wiederaufbau. Die ‚Stunde Null‘ war in Deutschland 1945 kein Aus, sondern die Geburt eines ‚Wirtschafts’wunders. Im Gegensatz dazu können Reiche ausgelöscht werden oder in anderen Ländern aufgehen.

Ich kenne persönlich nur drei Leitmotive, die der kollektivierten positiven Psychologie entsprechen: das Rheinland, Italien und die USA. Umschrieben werden kann das mit „et ist noch immer jut gegangen; la vita est bella; und the pursuit of happiness.“

Und man muss sich nun fragen, ob diese Länder gerne auch Probleme übersehen, weil alles nur gut werden kann. Lässt sich vom programmierten Optimismus sagen, dass er die Probleme übersieht, indem er sie durch Visionen ersetzt? Vermutlich ist das ein Teil der Wahrheit, da nämlich immer nur das Voran auch dazu führt, Fehler nicht aufzuarbeiten.

Dennoch: der Mensch tendiert zum Grübeln und Reflektieren. Man kann es zur großen Stärke des Vernunfttieres Mensch erklären, aber auch zum Einfallstor eines Abwägens ohne Ende. „Juhu, es geht weiter!“ ist auch ein reflektiertes Motto.