Thilo Sarazzin kannte ich als Begriff durch das Hören von Radio-Sendungen. Ich wusste, dass er im Bundesministerium für Finanzen tätig war, dann als Finanzsenator in Berlin. Er hatte einen guten Ruf. Vor allem senkte er die Schuldenlast des notorisch überschuldeten Berlins.
Und jetzt? Eine persona non grata, ein Aufwiegler; ein Extremist; ein Agitator; und vieles mehr. Er sei ein Hetzer, er gehöre aus der SPD ausgeschlossen, er verbreite Lügen über den Islam. Der zentrale Vorwurf jedoch ist der der Islamfeindschaft. Zudem darf ein etablierter Mensch mit einem privilegierten Zugang zu den Medien nicht sagen. Das ist Hochverrat am bürgerlichen Konsens, moralisch gut zu sein.
Nun habe ich das erste Buch von Sarazzin gelesen, Deutschland schafft sich ab. Mich erstaunte trotz der Presse das Arbeiten mit wissenschaftlicher Evidenz. Die Schlussfolgerungen folgten der These, dass der gelebte Islam der Einwanderer eine Gefahr für die Demokratie sei. Freilich malte der Autor ein Bild von einer sozialen und politischen Gefährdung. Das hat auch Michel Houellebecq getan, der jedoch von den bürgerlichen Lesern verehrt wird.
In einer Phase der politischen Diskussion, die vermeidet, Gefahren zu benennen, kommt das nicht christlich an. Sie verstößt gegen den Konsens, dass der Islam zu Deutschland gehört und dass das Land ein Einwanderungsland ist. So gerät man zum Außenseiter und wird der politischen Rechten zugeordnet.
Sarrazin als politischer Autor ist nicht das Problem, sondern sein Stand jenseits des Konsenses.