Im mediterranen Raum sieht man kleine Kirchen verstreut über die Landschaft. Als Tourist ist man entzückt über die vielen kleinen hübschen Gebäude, Bildstöcke oder sonstigen Kleinode. Mehr an Spekulation ist meist nicht drin. Man macht ein Photo – und wendet sich ab.
Nun könnte man mit sich selbst in den Wettbewerb treten, um sich auszumalen, wer die wohl gebaut hat und wie sie genutzt wurden – wenn sie überhaupt genutzt wurden. Wir sprechen hier von einer potentiellen Periode von vielleicht 500 Jahren. So lange übersäte die Kirche Land und Gesellschaft mit Örtlichkeiten des Glaubens.
Wir Christen heute kennen den alltäglichen Dienst an Gott nicht mehr, so wie sie und die Muslime mit ihren fünf Verneigungen mitmachen. Soweit wir überhaupt noch dieser Tradition folgen, dann an hohen christlichen Feiertagen oder Wegmarken des Lebens, wie Hochzeit und Tod.
An diesen kleinen Stätten des Glaubens jedoch kam man mit Gott und sich ins Gespräch – zu welchen Anlässen wohl? Ging der Bauer zwischen zwei Arbeitsschritte dorthin? War sein Ritual, vor und nach der täglichen Routine Gott um Unterstützung zu bitten? Flüchtete er dorthin, um sich bei Gewitter vermeintlichen Schutz zu holen? Oder …
Man muss sich jenseits dieser unschönen bekannten Begrifflichkeit des ritualisierten Christentums fragen, ob diese Örtlichkeiten nicht immer auch Orte der Zuflucht, des Friedenspflicht, des Mut Machens und des Selbstgesprächs waren. Von einem Gottes’dienst‘ kann wohl hier keine Rede sein.
Die christlichen Kernbotschaften machen das wahrscheinlich: fürchte Dich nicht, denn Gott ist bei Dir; alle Menschen sind – vor Gott und der Natur – gleich; selbst beim Tod wartet das Paradies auf Dich. Es klingt alles danach, wie die Mutter das verängstigte Kind tröstet. Der Glaube ist sich einzureden, dass alles gut wird – jenseits der Härten des menschlichen Lebens.
Statt die kleinen Glaubensorte ‚putzig‘ und ‚hübsch‘ zu finden, sollten wir bei ihnen geistig einkehren und uns kurz besinnen. Das Bedürfnis dafür hat sich nicht geändert.