Wenn man seinem Körper nicht mehr trauen kann, verliert man Sicherheit! Ja, der Kopf bemerkt, dass das Funktionieren unter ihm stoppt. Es mag im Bilde so sein, dass der Kapitän bemerkt, dass die Maschinen Fehler machen und nicht mehr sicher sein kann, jemals wieder in einen Hafen zu laufen.
Ein Bekannter schob kürzlich den gratis Grappa in einer Pizzeria von sich, da er scheute, zu viel Alkohol zu sich zu nehmen. Es schade ja der Gesundheit. Da er kurz zuvor unerwartet einen Freund verloren hatte, verwunderte mich das nicht groß.
Gerade während einer strukturellen und länger währenden Erkrankung entfremdet sich der Körper: er wird durch Medikation fremd bestimmt. Doch ist er im Grunde dieses Stück, auf das man gerne mit dem Finger zeigt, um anzudeuten, dass man nichts damit zu tun haben will.
Aber auch plötzliche heftige Erkrankungen können das Grundvertrauen angreifen und schleichend oder plötzlich erodieren. Plötzliche Fehlfunktionen und Reaktionen des Körpers können den Menschen heftig ins Mark treffen.
Und plötzlich steht oder sitzt man da – und weiß nicht mehr, auf was man sich verlassen kann. Denn was ist dem Menschen näher als sein Körper?
Erstaunlich ist, wie selbstverständlich es ist, auf Selbstheilung zu vertrauen. Von Kindern wird berichtet, ihre Knochenbrüche würde ohne jegliches Zutun ausheilen. Das scheint für uns alle der normative Standard zu sein. Schließlich geht mit jeder Erkrankung die Erwartung einher, dass man wieder gesund wird.
Doch je älter oder angeschlagener der Körper wird, desto mehr ist damit zu rechnen, die Erkrankung zum Teil seiner Selbst machen zu müssen. Lustig klingt noch ‚ich hab‘ Rücken‘. Beruhigend ist das watchful waiting, bei dem man beispielsweise einen Prostatakrebs nicht mehr behandelt.
Doch mit dem Altern wird der Mensch allmählich vom Zustand des Körpers beherrscht. In einem Interview äußerte der 84-jährige Alfred Biolek kürzlich: „ich mache nur noch das, wozu mich mein Körper lässt. Ich fahre quasi auf Sicht, da meine Kräfte schwinden.“
Es ist beunruhigend, wenn der Körper macht, was wir nicht wollen. Doch es ist unausweichlich zu akzeptieren, dass man machtlos ist. Wahrscheinlich ist es der lehrreichste Moment überhaupt: ich kann nur meine Haltung dazu ändern – sonst nichts!