Wieso eigentlich sind einige Menschen dem Grundsatz der Gerechtigkeit aufgeschlossener als andere? Und wieso setzen sich einige aktiv dafür ein, andere aber nicht?
Gerechtigkeit ist ein überaus wichtiger Wert unserer Gesellschaft. Vermutlich war er das auch früher schon. Die materielle und inhaltliche Bestimmung von Gerechtigkeit dürfte jedoch eine andere sein. Das gilt wohl auch für heute, da es auf der Welt unterschiedliche Anschauungen geben dürfte.
Nicht alle, aber die meisten Menschen dürften dafür eintreten, dass mit ihnen gerecht verfahren wird. Weniger machen das im privaten Umfeld. Und nicht immer machen wir das für andere und Fremde. Und die wenigsten widmen ihr Leben der Durchsetzung von Gerechtigkeit.
Lässt sich nun davon ausgehen, dass Freiheitskämpfer immer von Freiheitskämpfern abstammen? Die Wahrscheinlichkeit dürfte so ansteigen, aber gewiss nicht die einzige Verursachung sein. Woher kommt es also, dass der eine für Gerechtigkeit aktiv eintritt, der andere passiv darauf hofft?
Ich wage die These, dass nur vereinzelte Situationen im Leben ein Auslöser sein können. Irgendwann in einer Lebenssituation wird man dem Phänomen der Ungerechtigkeit gewahr – und solidarisiert sich dann mit allen Opfern, die ähnlichen Situationen ausgesetzt waren. Es entwickelt sich ein Topos der eigenen Erklärungsmuster, das immer und bei jeder neuen Situation angewandt wird. Plötzlich ist man Überzeugungstäter.
Aus Einsicht könnte man wohl auch ein Verfechter gegen Ungerechtigkeit werden, soweit man reift. Denn dann weitet sich der Blick ohnehin über das ganze Leben: neue Werte und Einsichten kommen in den Blick. Doch ältere Menschen werden wohl eher milde – und nicht automatisch gerecht.