Gelegentlich im Leben passiert es: in räumlicher Nähe kommt ein Mensch gewaltsam zu Tode. Der Mensch ist wohl stets gerührt von einem solchen Thema, da er territorial veranlagt ist.
Ich hatte das auch schon mehrnals erhebt, zuletzt im Winter, als ein Pfarrer der benachbarten französischen Gemeinde von einem aufgenommenen Flüchtigen ermordet wurde. Kürzlich teilte mir jemand mit, dass in seiner Nähe der Sohn seinen Vater geköpft habe, der ihn Zeit seines Lebens drangsaliert hatte.
Es ist überhaupt erstaunlich, wie häufig das Leben dies erbringt. Das hat aber sicherlich sich damit zu tun, wenn man in einer Großstadt wohnt. Denn dort passieren statistisch eben mehr Morde.
Andererseits lesen wir Krimis oder schauen wir Kriminalfilme, in denen täglich das widerfährt, was uns nur selten in Realität erwischt. Wir lieben wohl einfach den Abgrund, der uns selten konkret erreicht – und wenn er da ist, dann auch daran teilhaben zu können.
Mein Vater erzählte mir von einem Bekannten, der einst in einer Auseinandersetzung auf der Straße erstochen wurde.
Und immer ist das Gefühl: irgendwie war ich nahe dran. Eigentlich bin ich fast Opfer, fast Teil des Mordes. Was nur treibt den Erzähler des Mordes, ihn zu dramatisieren? Ist das unerklärlicher Schauder? Ist es der Drang, Aufmerksamkeit zu erzeugen? Ist es also nur das fishing for attraction?
Man stelle sich nur vor, man würde tatsächlich involviert! Das sehe dann völlig anders aus. Denn die Betroffenheit wäre real, vielleicht gar mit einer handfesten Bedrohung. Dann würde man über den Mord von nebenan wohl anders sprechen.