Ich kenne zwei Menschen ganz gut, die sich in Wort und Tat gegen ihre Heimat auflehnen: der eine ist Niederländer und hadert mit seinen ewig freundlichen und aufgeräumten Landsmännern. Für ihn sind die Niederlande einfach zu laut, zu nett, zu gut. Ihn nervt kolossal dieser Vorzeigestatus, der die Nennung etwaiger Nachteile zur Petitesse macht.
Die andere ist Schwedin und verachtet die Dominanz des politischen Liberalismus in ihrem Heimatland. Die Offenheit, mit der auch private Angelegenheiten ans Licht gezerrt werden, deutet sie als eine unbotmäßige Einmischung in persönliche Angelegenheiten. Zuwider ist ihr auch die Unmöglichkeit, dagegen zu sein. Und auch sie: das ist mir zu viel Bullerbü.
Die beiden fallen mir sofort ein, wenn Menschen über ihre Heimat herziehen. Ich selbst assoziiere mich nicht mit diesen Menschen, die ihre Heimat vergöttern. Ich belächele eher meinen Stuttgarter Hintergrund. Irgendwie fallen mir dazu Schildbürger und Schlümpfe ein. Immerhin verteidige ich auch meine Mitschwaben gegen Ressentiments: so gibt es tatsächlich so etwas wie einen schwäbischen Humor.
Doch auch andere Landsmänner blicken zurück im Zweifel. Ein Österreicher beispielsweise muss dieser Tage ertragen, wie sein Land hin zu einem Zustand kippt, den man kaum mehr rational nennen kann.
Eine gebürtige Weißrussin erzählte mir, dass das Image ihres diktatorischen Heimatlandes überhaupt nicht auf die Realität zuträfe. Die Jugend würde einfach keine Notiz von den Restriktionen nehmen: man feiere weiter.
Und natürlich gibt es diejenigen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg und wirtschaftlicher Misere verlassen mussten. Es lässt sich wider Erwarten beobachten, dass es ausgerechnet die sind, die leiden und gleichzeitig ein Hohelied auf ihre Heimat singen. Das mag damit erklärbar sein, dass sie eben unfreiwillig ihre Heimat verloren haben: deswegen hängen sie an ihr.
Wahrscheinlich muss man schließen, dass entschlossene Heimatkritiker gute Beobachter sind. Sie reflektieren, wägen ab und ziehen Schlussfolgerungen. Leider bekommen sie dadurch keine Freunde. Sie werden jedoch mit neuen Eindrücken andernorts entlohnt.