Die Olympioniken haben ‚geliefert‘

Wie häufig hört man diesen Satz von Journalisten aller Art. Ich frage mich, woher die Anspruchshaltung kommt.
Einige Möglichkeiten:
1. wenn die schon für Deutschland starten dürfen, sollen die auch etwas leisten.
2. schließlich bezahlt ja der Steuerzahler für den Leistungssport.
3. wenn wir schon am medialen Leben teilhaben müssen, wollen wir wenigstens Helden.
4. die sollen sich ruhig anstrengen, wie es sich für Deutsche gehört.
Ich frage mich bei diesen – eher rationaleren – Erklärungsmodellen, wo eigentlich der olympische Geist geblieben ist. Ist der unter Sportlern verbreitet? Gibt es ihn überhaupt? Ist es nicht so, dass jeder gewinnen und nicht nur teilhaben will?
Doch zuerst muss man fragen, ob der Geist ein Geist ist oder Realität sein soll. Der olympische Geist ist wohl einer des friedlichen und fairen Wettstreits in Freundschaft. Dazu gehört, sich zu messen, ohne das Maß der Fairness aus den Augen zu verlieren.
Dieser Geist war wohl schon mit seiner ersten Formulierung nur Wunschvorstellung. Denn wer begibt sich in einen Wettbewerb, den er nicht gewinnen will? Das sind höchstens die paar Verrückten, die sich für Außerordentlichkeit und letzte Plätze feiern lassen.
Und wieso betont die Journaille diesen Geist, wenn es doch eher den Medaillenspiegel anführen will? Wieso werden missglückte Aktionen so gehandelt wie Fehler? Und wieso gibt es eigentlich niemals Nachrichten über die Letzt- bzw. Schlechtplatzierten? Haben Sie jemals eine Berichterstattung über einen Verlierer gesehen? Das wäre doch auch olympischer Geist!
Ist das alles eine Ausgeburt der hiesigen Leistungsgesellschaft? Ein Spiegelbild der preußischen Tugendlehre? Ein blöder Trick, das eigene Ego aufzuwerten?
Wie auch immer: ich empfinde die Spiele als wenig spannend, soweit nur Nachrichten von Siegen eingehen. Die Kuriositäten und die Missgeschicke finde ich unterhaltsamer.

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