Ein gutmütiger Trottel

Ist er gutmütig, weil er oder sie ein Trottel ist? Oder ist er ein Trottel, weil er gutmütig ist?
Wer kennt nicht den Typ an Menschen, der immer sanft und zugewandt ist? Solche Charaktere ziehen das Pfarramt und die sozialen Berufe an. Auch Lehrer können dazu gehören.
Und oft reagieren die Mitmenschen darauf nicht mit Dankbarkeit, sondern mit der Einladung, solche Menschen auszunützen oder schroff zu ihnen zu sein. Ein gewisses Kalkül steckt dahinter: man kann sich alles erlauben; denn die Trottel verzeihen; sie sind darum bemüht, ihr Programm weiter umzusetzen; eine Gefahr ist mit ihnen nicht verbinden.
Manche Menschen werden aber nicht mit der sanften Seele geboren, sondern entwickeln sich selbst dorthin. Es sind diejenigen, die doch durch Schicksalsschläge für eine grundsätzliche Demut entscheiden. Oder aber sie erziehen sich selbst durch Einsicht und Wille dorthin.
Dazu fallen mir politische Personen wie Jesus Christus, Martin Luther King oder Mahatma Gandhi ein. Sie wollen ihre Gutmütigkeit zu einem moralischen Grundsatz verbreiten. Sie treffen Konflikte in ihrem Umfeld an. Und sie wollen mit einem modellierenden Beispiel voranschreiten.
Sie prägen heute mit ihrem Wirken unsere Einsicht in große Menschen. Dennoch können sie nur einen kleinen Kreis von Menschen zu Verhaltensänderungen bewegen. Der soziale Wettbewerb um Anerkennung, um Durchsetzung und um individuellen Erfolg obsiegt weiter. Er scheint eine anthropologische Konstante zu sein.
Der gutmütige Trottel ist zwar in die Sphäre von Göttern aufgestiegen, ist aber noch immer eher eine Abstraktion, die Menschen nicht als real für ihre Umwelt betrachten. Zu sehr steht das im Widerspruch zum inneren Empfinden eines guten Lebens.
Interessant ist, dass sich derzeit ein Glaubenskampf um die wahre menschliche Existenz vollzieht. Die Wiederbelebung des Wettbewerbgedankens in der Deutschen Politik und in anderen Staaten zeigt sich im nationalen Gedanken: Internationalität ist doof, die eigene Nation doll. Die Auseinandersetzung ist Menschsein, nicht das friedliche Nebeneinander. Die Ideologie hinter Trump hat dies radikalisiert und bis in die etablierte Politik getragen. Auch die Wissenschaft interpretierte dies mit Huntington. Und die Radikalisierung von Moslems zu Islamisten sind Teil dessen.
Der liberale reflektierte Mitmensch wird angegriffen. Seine political correctness wird niedergemacht und der Lächerlichkeit zum Fraß geworfen.
Jeder Mensch darf sich entscheiden, ob er auf der Welle der vermeintlichen Stärke mitschwimmt – oder eben doch zum gutgläubigen Trottel hält.

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