Glaubenssätze

„Rechts von der CDU darf es keine weitere Partei geben.“ Also kann das für die derzeitige Parteiführung nur bedeuten, das man die erstarkte AfD rechts überholen muss. Und so setzt sich die logische Kette fort, ohne das Axiom in Frage zu stellen. Die CSU heizt den Überbietungswettbewerb an, indem immer schärfere Maßnahmen gegen Flüchtlinge gefordert werden.
Es ist schlicht eine ins Höfliche und Etablierte umformulierte Hetze. Flüchtlinge werden zum Stigma für viele Probleme: Gewalttaten; Dreck; Arbeitslosigkeit; Ungleichverteilung öffentlicher Investitionen; und vieles andere mehr.
Der Glaubenssatz ist mächtiger als das kulturelle Erbe, der Weltblick der traditionellen Wähler und die Programmatik früherer Parteiprogramme. Schlicht bedeutet es die Aufgabe der christlichen Position von Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Und das trotz des großen C um Parteinahme!
Der Stammwählerschaft muss das nicht gefallen, wie das ARD-Magazin Monitor am 10.01.2018 beweist. Sie fühlen sich missbraucht, nicht mehr vertreten. Es treibt die These an die Oberfläche, bei den nächsten Wahlen zwar der AfD stimmen abzujagen, aber die eigene Kernklientel an Grüne, SPD und FDP zu verlieren.
Als Unbeteiligter hat man ja den Vorteil, aus der Ferne nüchtern betrachten zu können, wofür sich andere erklären müssen. Was nur treibt Menschen der CSU-Spitze, solchem Schabernack zu folgen? Sie sind allesamt fraglos überdurchschnittlich intelligent. Sie haben alle ein riesiges soziales Netzwerk, das Ihnen doch mehr Gefühl für die Stimmung garantieren sollte.
Wieso nur übergeben sie ihr eigenes Schicksal an ein so großes Wagnis? Denn die Rückkehr zur eigenen Identität wäre doch genau das Gegenteil. Haben sie sich vielleicht in ein Abenteuer manövriert, aus dem sie nur mehr mit extremen Positionen herauskommen? Hören sie nur noch auf schrille Stimmen? Glauben sie, dass östliche Nachbarländer ihnen Vorbild sein müssen?
Sind Sie vielleicht gar von den neuen Positionen überzeugt? Das bedeutete, jegliche Werte aus den allgemein bildenden Schulen und dem Kommunionsunterricht ad acta zu legen oder besser über Bord zu werfen. Wie sollen bloß Menschen an sie glauben, wenn sie Menschen verachtend mit Flüchtlingen umgehen?
Gehört der Glaubenssatz zur Herrschaft über die Stammtische dazu, der ebenso zum Arsenal der methodischen Überzeugungen gehört? Und gesellt er sich zu dem Glaubenssatz, mit den Wählern zu gehen statt ihnen ein überzeugendes Angebot zu machen?
Und gefährdet die Partei nicht ihren eigenen sozialen und ethischen Zusammenhalt, indem sie einer momentanen Stimmung im Land nachgibt? Ist der bekannte interne Zentralismus nicht gefährdet, wenn die Parteibasis alternative Vorstellungen hat?
Was schon helfen solche Überlegungen, wenn Glaubenssätze verehrt und inbrünstig gefolgt werden? Glaubenssätze sind purer Glaube. Oder die Welt reif dafür ist, wird sich zeigen.

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