Der Preis dafür, intelligent zu sein

Intelligente Menschen haben es schwer. Denn der Affekt der anderen gegen eine Überlegenheit des anderen ist stark. Niemand möchte einem Anderen unterlegen sein.

Die Anwürfe gegen Intellektuelle sind Legion. Denn sie sind zumindest in der deutschen Kultur unvereinbar mit Konzept der ehrlichen Hände Arbeit. Daher sind vor allem Künstler und Wissenschaftler solche, denen unterstellt wird, sie produzierten Dinge von geringem Wert für den Lebensalltag. Dazu passt, dass Experten, Sachverständige und Meister gut gelitten sind. Denn bei denen lässt sich davon ausgehen, dass sie durch berufliches Können ihren Status erlangt haben.

Dazu kommt als Motiv die Unmöglichkeit, den Inhalt der Expertise nachvollziehen zu können. Wenn nicht klar ist, wer was gut macht, bei dem gewinnt der Zweifel über den Status.

Viele junge Menschen erfahren die Ablehnung in ihrer sozialen Gruppe, wenn sie Talent und Intelligenz aufweisen. Der Klassenprimus gehört eigentlich nie dazu, weil er sich eben abgrenzt. Und: er bekommt Anerkennung, was wiederum zu Neid führt.

Und so geht es im Leben dann immer weiter und weiter – es sei denn, der intelligente Mensch trifft auf andere intelligente Menschen. Plötzlich teilt man ein gemeinsames Merkmal. Dass es auch dann zu Konkurrenzen kommt, ist nicht verwunderlich. Schließlich war das vorherige Ausgrenzungsmerkmal dasjenige, womit man sich identifizieren musste – ‚besser‘ oder eben intelligenter als die anderen zu sein. Und das wird dann ja auch wieder in Frage gestellt.

Jedenfalls ist der Wertekonflikt immanent: denn einerseits prämiert die Gesellschaft Leistung. Andererseits aber wird das Ergebnis von Leistung, die mit Intelligenz einher geht, beargwöhnt. Und so versteht man schwerlich, wieso man hier zermahlen wird.

Dumm gelaufen! Denn Deutschland ist ein besonderes Terrain für Intelligente. Andere Länder tun sich leichter mit intelligenten Hochleistern.

Eine besonders seltsame Situation besteht darin, dass zwischenzeitlich Leistung noch höher und als Standard erklärt wird. Das wiederum basiert auf der deutschen Gleichstellung von Perfektion und Machbarem: es muss immer das Beste sein, was ’norm’al ist.

Und so belasten wir Älteren Jüngere mit unseren eigenen Erwartungen an deren Leben: sie müssen das Optimum herausholen. Sie müssen zu den Besten gehören.

In meiner Generation galt noch, dass es den Kindern besser gehen solle. Das hatte mit der Stunde ’null‘ und entgangenen Chancen zu tun, die meine Eltern erlebt hatten. Benchmark meiner Eltern bei meiner Erziehung war daher, dass es den Kindern gut geht. Und das war definiert mit Friede, Auskommen und persönlichen Glück.

Und so bricht sich das ‚gewollte‘ Maß an besser Sein Bahn. Denn wir nehmen Hochleistungsländern wie in Südostasien kaum wahr. Wir sind verwöhnt mit dem Status als Exportweltmeister, der uns immer wieder bestätigt, dass wir Deutschen die besten Produkte fertigen. Es geht so weit, dass wir so interpretieren, dass unser persönliches Erleben in die Welt unserer Erwartungen passt: so werden die Noten für Bildungsleistungen immer besser; und so tauchen plötzlich überall Hochbegabte auf.

Doch: unser Sample von Menschen ist wie die der anderen Staaten. Auch hierzulande dürfte eine Normalverteilung existieren. Es sei denn, wir sind so dreist, mathematische Gesetze mit unserer Spekulation außer Kraft zu setzen. Mögen uns gerade die intelligenten Menschen davor bewahren.

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