An einem Wintertag wartete ich in der Notaufnahme. Dort ist alles informell. Die Intimsphäre eines Patienten wird oftmals nicht gewahrt, da dafür weder Zeit noch Raum ist. Zudem wird mit wenigen medizinischen Ressourcen gearbeitet, so dass sich die Patienten wie ein Haufen von Bittstellern präsentieren müssen, um von den herum huschenden Medizinern wahrgenommen zu werden.
Man sieht alles durch die offenen Türen. Da liegt dann der eine Patient stöhnend. Der andere ist unverschleiert auch in seinen Intimsphären zu beobachten. Und die Sorge steht sprichwörtlich den Angehörigen und Freunden ins Gesicht geschrieben.
Dort sah ich einen älteren Mann stehen, korpulent, in beigen Kleidern und etwas wackelig. Er stand dort hilflos neben dem Bett, in dem seine Frau wie ohnmächtig, bewusstlos und ohne Regung lag. Sein Gesichtsausdruck verriet nicht, wie es um seine Frau stand. Die Frau sah ungleich älter aus, obwohl der Mann auch schon betagt war. Es war wohl kein echter Notfall, da die Frau nicht versorgt wurde, sondern einfach nur da lag.
Irgendwie stieg in mir der Eindruck auf, dass der Mann die Situation entweder schon kannte oder keine Sorge mehr haben wollte, da ohnehin alles gelaufen ist. Gerade das erfüllte mich mit dieser frustrierenden Hoffnungslosigkeit, die in mir Traurigkeit aufsteigen lässt.
Das steigerte sich noch, als der Arzt den Mann anwies, in zwei Tagen wieder zu kommen. Er nahm das regungs- und in gewisser Weise teilnahmslos hin. Er wand sich nichtmals seiner Frau zu.
Wie es wohl ist, wenn man die Situation auf sich zukommen sieht, dachte ich mir. Ist man panisch, resigniert? Oder ist man rational, da sich ohnehin nichts ändern lässt? Vermutlich ist man inhaltsleer und beobachtet sich selbst, wie man sich so bewegt.