Fußabdruck – und gesunde Zweifel

Im Flugzeug saß ich, als ich eine Dokumentation über den Klimawandel anschaute – kommentiert und geführt durch den Schauspieler de Caprio. Anlass war der Pariser Weltklimagipfels, um den Klimawandel aus allen Perspektiven zu beleuchten und die Szenarien zu erklären. Gleichsam wurde die politische Wahrscheinlichkeit erörtert, mit der eine Bekämpfung möglich wäre.

Was gibt es Schöneres als Desensibilisierung oder eben die Konfrontation mit der Wirklichkeit? So saß ich in diesem Sitz und konnte geradezu durch das Geräusch des Flugzeugs hören, wie ein Liter nach dem anderen in den schönen Himmel gepustet würde – auch um mich nach B zu bringen.

Das Gefühl ist das wie ein ertappter, der eigentlich seine Tat verbergen wollte – vor den anderen, aber vor allem auch vor sich selbst. Darauf trifft der Satz, den Sachverhalt nicht wahrhaben oder eben nicht gelten lassen zu wollen. Man kreiert gewissermaßen ‚alternative Fakten‘, man belügt sich eben selbst. Meine Mutter hätte gesagt: „man lügt sich in seine eigene Tasche.“

 

Bei mir als Konsument hat der Appell einmal mehr gewirkt. Also fühle ich mich bestärkt, gegen den Klimawandel zu sein und so auch politisch verantwortlich zu wählen. Auch klopfe ich mir auf die Schulter, da ich keinem Hobby nachgehe, das bekanntlich klimaschädlich ist.

Und ich kann mit einigem Nachdenken vermutlich auch für mich begründen, das ich mich persönlich eher im Bereich der Klimaschützer befinde.

Wenn da nicht nur die Fakten wären, die viel meines Lebens in Frage stellen. Denn auch ich nehme das Flugzeug. Auch ich esse Rindfleisch. Und auch ich konsumiere Palmöl, auch wenn ich nicht weiß mit welchen Produkten und Lebensmitteln. Dazu kommt natürlich ein Auto, das ich für private Vergnügungen und Hobbies nutze.

Zwar bin ich – mehr oder weniger – ein typischer aufgeklärter Mensch. Denn ich beziehe meinen Strom von einem alternativen Anbieter. Ich nutze das Auto nur, wenn die Alternative sehr aufwändig wäre und höhere Kosten verursachte. Ich vermeide Plastiktüten. Ich trenne den Müll.

Aber ich habe eben auch eine Lebenssituation, die mein schädliches Tun minimiert: kein Pendeln zur Arbeit; keine Angehörigen, die ich Herkunft kutschieren muss; ein Leben in der Stadt; usw.

Und ganz ehrlich: ich blicke so gut wie nie auf meine CO2-Bilanz, von der ich nicht weiß, ob sie durchschnittlich ist.

Und wann lasse ich mich schon beeindrucken, wenn es an den Kauf von Produkten geht, die ich gerne erwerben würde? Das iPhone würde ich vermutlich auch trotz der Bedingungen in den Produktionsstätten kaufen.

Was hilft es? Den unbequemen Weg muss ich gehen, wenn ich tatsächlich ein gutes Gefühl für mein Tun haben will. Ich muss mir selbst beweisen, dass ich richtig handele. Also muss ich prüfen, ob ich ‚die anderen‘ zur Verantwortung ziehen und zum Handeln auffordern darf. Wenn ich jedoch auch zu den Missetätern gehöre, muss ich mein Verhalten ändern.

Zweifel sind ein gutes Frühwarnsystem falschen Handelns. Wir können froh sein, dass uns ‚Bauch‘ und Intuition mitteilen, wenn Nachdenken geboten ist.

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