In einer Zeit, als ich zur Vergegenständlichung aller Preise die Schallplatte und den Bierkasten zum Benchmark machte, teilte ich auch die Menschen in gute und schlechte Menschen ein. Mein Grundkriterium war niemals ein netter und nicht netter Mensch oder Freund und Feind.
Heute spiele ich oft mit dem Gegensatzpaar Nehmer und Geber: es gibt Menschen, die geben können, tatsächlich geben und immer geben wollen. Und es gibt diejenigen, die persönlichen Vorteile suchen, ihr persönliches Interesse zum Antrieb ihres Handelns machen.
Mein Vater lebt im betreuten Wohnen in einem Stift. Die Beschäftigten dort sind durchweg ihren Kunden zugeneigt, wenngleich sie sehr unterschiedliche berufliche Hintergründe haben. Sie eint Ihr Konsens, es den dort lebenden Hochbetagten schön zu machen. Sie geben immer.
Die US-Amerikaner hofieren und verehren ihre Feuerwehrleute. Ich kann das nicht nachvollziehen, da deren Heldentum, das Geben von Hilfe, doch ’nur‘ eine professionelle Dienstleistung ist.
Nehmern begegnet man im Leben immer wieder. Sie sind verdammt verbreitet. Vermutlich ist ihre Zahl so hoch wie die von Gebern. Es sind diejenigen, für die selbstverständlich ist, aus einer Situation ‚Kapital zu schlagen‘ oder ‚persönlichen Profit zu ziehen‘. Es sind die, die beim Verteilen des Kuchens schon alleine deswegen das größte Stück haben wollen, weil es wichtig ist, mehr als die anderen zu haben. Es sind die, die sich in der Schlange vordrängeln. Und es sind die, die auffallen wollen.
Nehmer mag ich nicht. Alleine schon muss einem bange sein, dass man etwas verteidigen muss. Beim Geber hat man immer die Option zu reagieren. Der Nehmer sieht Interaktionen als Deal, Wettbewerb, gar Kampf. Will man sich dessen aussetzen? Der Geber nimmt mich wahr und überlegt, wie er mit mir positiv umgehen kann. Ihm liegt daran, dass es mir gut geht und ich mich wohl fühle.
Wieso also sollte man Nehmern folgen?