Der Menschenfreund

Kommt Alter, kommt Versöhnung.

Blicke ich auf das Lebensende, das – ohne Drama und subjektive Dramatisierung – näher kommt, so will ich eine Rolle einnehmen, die mich zum weisen Ratgeber macht. Ich glaube, dass dies ein inniger Wunsch vieler ist.

Ich frage mich, ob das nur dem Verlangen verpflichtet ist, über den Tod hinaus ein Erbe hinterlassen zu wollen, das uns sorgenlos in den letzen Lebensabschnitt begleitet. Oder aber ist es tatsächlich ein Kondensat unserer Erfahrung, das uns genau in diese Rolle schlüpfen lässt? Oder will man dem Leben etwas zurückgeben?

Ich beobachte gleichzeitig, dass man eben auch glaubt, seine erlangte Weisheit geben zu ‚müssen’, da sie es wert ist. Und plötzlich kann man auch zum unerwünschten Ratschlaggeber mutieren. Hier muss man wohl aufpassen: sonst wird man schnell zum Älteren, der immer recht haben will.

Besonders seltsam ist es, wenn man niemals zuvor zum Ratschlag bereit war. Das Alter schlägt dann Kapriolen, die diejenigen, die einen lange kennen, niemals erwartet hätten.

Verliert man dann den Bezug zur Realität, ist es vorbei mit dem potentiellen Publikum. Man wird zum haltlosen Thor, der nur noch seine Rolle erfüllen will.

Der ‚Bezug zur Realität‘ ist immer der Anlass für einen Ratschlag. Man kann sich nur anbieten. Alles andere ist Aufdrängen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert