Dieser einfache Satz löst Allergien, Sehnsüchte, Ängste oder Fluchtinstinkt aus. Denn es bedeutet Auseinandersetzung mit sich selbst.
Puh! Mich erinnert das an ein beiläufiges Gespräch mit einem Mann, dem ich einst anbot, ihm einen Tipp für einen Weiterbildungsgutschein seines Arbeitgebers zu geben. Ich meinte, dass er doch ein Coaching wahrnehmen könne. Doch er sagte nur mit leicht traurig verzerrter Miene: dann müsste ich ja meine Probleme besprechen.
Das NEIN stand auf seiner Stirn. Wie ein Fußballfan, der zum Spiel eines Erzrivalen seines Clubs gehen soll. Reden und Austausch als Schreckgespenst? Basiert nicht nur Ausgleich, sondern auch Lernen und Persönlichkeitsentwicklung auf Kommunikation, auf den Abgleich eigenen Denkens mit dem anderer?
Frauen erfahren diese fast ‚instinktive‘ Reaktion des Mannes recht häufig – auch wenn sich das mit den jüngeren Menschen dieser Tage ändert. Doch ist das wohl typisch: man redet eher mit den Freundinnen oder den Kumpels.
Reden als Symbol für Verweigerung? Was ist das denn? Vielleicht ist es ein Zeichen des emanzipatorischen pubertierenden Geistes, der eben nicht in eine Situation geraten will, in der man gänzlich fremdbestimmt ist: es wird nun geredet, nichts anderes; der andere bestimmt das Thema; selbst soll man ehrlich sein und preisgeben; der andere aber bestimmt die Sanktion, die gegen einen selbst verhängt wird. Das verstehe ich gut.
Nun kann man sagen: „verlasse endlich Deine Komfortzone!“ Dabei wird suggeriert, dass man sich nach dem Reden auf einer höheren Stufe der Persönlichkeitsentwicklung und des Bewusstseins befinden würde – doch eben unter Zwang.
Der Satz ‚lass uns reden‘ ist wie diese erzwungene Klärung des Stärkeren, wie der Lehrerin oder der Mutter. Tatsächlich gibt es aber auch die – Typ-gemässe Gouvernante – Frau, die dem Mann, dem Bruder, dem Vater wie dem Sohn sagt: lass uns das nun bitte einmal klären. Und der Mann erleidet dann immer eine Niederlage gegen die bessere Sprachlichkeit, den Willen zum Klären sozialer Konflikte, die Sucht nach Harmonie und das größeren Repertoire an Druckmitteln.
„Lass uns reden“ kann eben auch Abschreckung, nicht Einladung sein.