Die Glossen, die Zeitungsbeiträge und die Erzählungen älterer Mitmenschen zeugen von den Schwierigkeiten der jüngeren Menschen, denen die Welt und die Zukunft offenstehen. Sie werden in eine Gesellschaft geboren, die die größte Vielfalt an Freiräumen bietet, sich selbst zu entfalten. Der Arbeitsmarkt beispielsweise bietet ungeahnte Möglichkeiten, seine Talente einzusetzen und zu entfalten, um damit den eigenen Lebensunterhalt verdienen zu können.
Und dennoch scheint das Projekt ‚Integration der Generation x‘ zu scheitern, zumindest problematisch zu sein. Denn ihre Mitglieder stehen staunend vor der Wahl eines Weges. Sie sind wie ein Wild im Scheinwerferlicht des Autos, nämlich starr vor Schreck. Sie haben zu viele Handlungsoptionen, um sich ihrer sicher zu sein. Sie sind von den Alternativen überwältigt.
In der Perspektive der letzten 200 Jahre ist das nur schwer zu verstehen: Generation um Generation konnte den Ballast der Zwänge abschütteln, erst dem Ausgeliefert sein der Natur und dann den Zwängen einer traditionellen Gesellschaft. Jegliches Stück Freiraum wurde von entschlossenen Menschen erkämpft.
Und heute? Heute können wir die Früchte dieser oft tödlichen Einsätze genießen: sei es der Betriebsrat, das Frauenwahlrecht, die öffentliche Finanzierung von Bildung, die Homosexualität und vieles mehr. Die moderne hat alle Schranken niedergerissen, die sich der freien Entfaltung der Persönlichkeit in den Weg stellte.
Und plötzlich können wir damit nichts anfangen, sind überfordert. Wir alle? Nein! Denn eigentlich alle könnten im Laufe ihres Lebens ihre Prioritäten und Wünsche formulieren. Viele wissen genau, was sie im Ruhestand machen wollen.
Was unterscheidet dann die Jüngeren von den Älteren? Es sind tatsächlich ihre ‚inneren Vorstellungswelten‘:
In meiner Jugend noch trieben uns Eltern das aus. Es schickte sich nicht, unverbindlich zu bleiben. Hätte man bei einer Einladung zugesagt, dürfte man nicht einfach so wieder absagen. Man lehnte schlicht folgenden Slogan ab: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht etwas Bess’res findet.“
Auch Psychologen würden sagen, dass es nicht gesund sein kann, die Entscheidungsangst zu pflegen. Am Ende würde man entscheidungsunfähig. Sie würde chronisch. Das würde das Selbstbewusstsein und die Identität zentral angreifen.
Freiheit will eben auch gelernt sein. Die beginnt mit der Entdeckung, das Leben erst leben ist, wenn man es für ein persönliches Ziel nutzt. Das Ziel kann nicht nur heißen, erfolgreich zu sein – oder an allem geschnuppert zu haben. Es muss möglich sein, ein klares Ziel zu setzen und zu verfolgen.
Entscheidungen zu fällen, heißt, daneben liegen zu können. Unser Alltag besteht aus hunderten Entscheidungen täglich: und wenn man die falsche Schlange an der Einkaufskasse gewählt hat, ist zu fragen, ob man dadurch nicht wesentlich mehr zu beobachten hat – besser als schneller zu sein und zu Hause dann die gewonnene Zeit wieder nutzen zu müssen.