Mein Vater ist ein alter Mann. Er erfüllt jedoch nicht alle Erwartungen an einen solchen Satz, da er witzig ist, noch neugierig und in großen Mengen Torte verspeist.
Dennoch ist er zwischenzeitlich das, was man körperlich gebrechlich nennt, also schwerfällig, langsam, zuweilen unkoordiniert. Er bedarf vieler kleiner Hilfen, die das Fortkommen im Alltag erleichtern.
Und gleichgültig, wie alt ich selbst bin, erinnere ich mich noch gut an seinen anderen Körper, der rastlos, kräftig, koordiniert und geschmeidig war. Mir fallen dann auch Eigenheiten ein, da man seine Eltern ja mustert und sehr genau beobachtet. So weiß ich um das Gefühl seiner Haut zu berühren. Und ich erinnere mich an den Geruch, der sehr typisch war.
Was mir jedoch am meisten in Erinnerung geblieben ist, sind seine Hände beim Zeichnen. Auch fällt mir dann die Geschmeidigkeit ein, mit der er im Schwimmbad durch das Wasser glitt. Das ist so eigen; das sind lebendige Bilder in meinem Kopf. Diese Aktivitäten waren von großer Eleganz und zeichneten eine ganz eigene Struktur an Bewegung.
Heute aber hat sich der Körper einem radikalen Wandel vollzogen. Er ist überhaupt nicht mehr, was er war. Gewissermaßen ist er karg, trocken und dünn.
Was mich einzig erschreckt, ist sein dünnes und zartes Atmen, das wie ein vorsichtiges Blasen klingen kann. Das macht mir klar, dass seine Kraft schwinden muss, da sie nicht mehr genug Sprit erhält.
Gleichzeitig sehe ich jedoch auch die Demut des Alters: man muss nicht raumgreifend sein, um zu leben. Man muss nicht Massen vertilgen, um sein zu können. Auch kann ein Atmen vorsichtig und ausreichend sein.