Willemsen war in der Anschauung der Medien ein ‚Intellektueller‘. In dieser Funktion wurde er vermutlich von denjenigen bewundert, die ohnehin gerne Geistesgrößen bewundern. Als Mensch bzw. biologisch-virtuelles Abbild im Fernsehen war er jedoch anders, eher linkisch und schüchtern.
In einem recht berührenden Nachruf von Arno Widmann in der Berliner Zeitung stellte der Autor als ‚Wesensmerkmal‘ die theoretische Neugierde fest, die Willemsen antrieb. Widmann erklärt das mit dem Willen, alles verstehen und erfahren zu wollen. Er räumte ein, dass man jedoch immer nur neuen Fragen hinterher laufen könne, da die Welt zu viele Phänomene birgt. Damit erfährt man das ständige Scheitern.
Damit verbindet sich ein anderer Blick auf dieselbe Thematik. In einer Zeitschrift zur Erwachsenenbildung mühten sich gleich mehrere Autoren zu eruieren, was überhaupt ein Erwachsener ist. Die Fragestellung ist faszinierend, weil sie zunächst niemand aufwirft, und dann – so man sie ernsthaft zulässt – einen enormen Reigen an Antworten bietet. Denn auch hier: es lassen sich zwar die Unüberlegtheiten von Kindheit und Jugend überwinden – doch ist man dann schon er-wachsen? Haben sich alle Talente entfaltet? Konnte man alle Optionen nutzen? Ist man nur der Jugend ent-wachsen, nicht aber schon zur Reife und Blüte gelangt?
Es handelt sich schlicht um die Grundfrage der Philosophie: was bin ich in dieser Umwelt? Willemsen war kein abgedroschener Intellektueller, der nur schlau daher redete. Das Feuer an Fragen, die er sich – samt für seine Mitmenschen – stellte, demonstrierte, dass er sich nicht zutraute, sich selbst als erwachsen zu sehen. Zu wenig konnte er erklären, zu viel war offen. Aber er hat sich ehrlich bemüht, Zusammenhänge zu erschließen und zu formulieren.
Wenn ich den Mann gelegentlich im Fernsehen sah, hatte ich dieses Unwohlsein, ja Argwohn. Der war in seiner Stimme begründet, die mir arrogant und wissend klang. Doch beim zweiten Zuhören bemerkte ich diese kindliche Offenheit, die Neugierde, das Fragen. Zwischenzeitlich sehe ich, dass dies vorbildlich ist.