Es gibt – fast – nichts Alltäglicheres als die Beschimpfung des Staats und der Wirtschaft. Eigentlich „trifft es immer die richtigen“, könnte man denken. Denn es ist eine wesentliche Tugend moderner Öffentlichkeit, auch schwarze Schafe zu identifizieren – und gerade diese.
Doch haben Staat und Wirtschaft eine eigene Persönlichkeit? Beschimpft man gleichzeitig auch die Menschen, die die beiden Konzepte ausmachen? Sind es dann auch die Beamten? Und sind es auch die Arbeiter? Oder gibt es Kreise, die Staat und Wirtschaft so manipulieren, dass man sie als die eigentlichen Missetäter herausnehmen könnte?
Anhand eines Betriebes ist es mir rätselhaft zu identifizieren, wer die Bösewichter sind, die gesellschaftliche Moral konterkarieren, ohne gleichzeitig eine rationale und nachvollziehbare Begründung für Ihr Handeln akzeptieren zu müssen. Denn das Streben nach Gewinn – mitsamt aller dafür konstituierenden Rahmenbedingungen – ist doch, was nicht nur sie ausmacht, sondern den Menschen auch ‚Brot und Arbeit‘ gibt.
Dennoch trifft die Unternehmen die Verdammung vieler: sie würden keine moralischen Werte vertreten; sie würden keine Gerechtigkeit verbreiten; sie würden nur Geld nachjagen; die wären nicht demokratisch und und und
Aber warum sollten sie auch? Irgendwie werden menschliche Qualitäten anderen Bereichen zugeordnet, die dort nichts zu suchen haben. Sollte man auch Tiere damit belegen? Oder Maschinen? Sollten wir die Regeln für unser soziales Zusammenleben auch solchen Aspekten des Lebens überstülpen, die eben keine Menschen sind?
Auch sind die Kritiker befremdlich, die den Wohlstand für selbstverständlich nehmen und seine Basis gleichzeitig verdammen, ohne eine Alternative zu kennen. Wenn die herkömmliche Wirtschaft ’schlecht‘ wäre und ausgesorgt hätte, wer sorgt für die Existenzgrundlage? Werden sich Verdienst und Geldmittel von alleine einstellen? Wie könnte das gehen?
Nur wer seinen ‚Feind‘ versteht, wird auf ihn eingehen – und letztlich ändern können. Wie viele Denker haben das nicht auch schon gesagt? Man denke an Rudi Dutschke’s ‚Marsch durch die Institutionen‘ oder Bloch’s Diktum ’nur ein guter Atheist ist ein guter Christ‘.
Also , liebe Verdammer von Staat und wirtschaft: versucht die zu verstehen und Euch zu verorten!