Man müsste sie eigentlich ablehnen, diese Schnösel und Realitätsflüchtlinge, die sich lieber mit einer Skulptur befassen als dem Problem der Armut.
Bildungsbürger bilden ein fixes Milieu – und soziales Netzwerk, das um staatlich finanzierte Kulturtempel gespannt ist.
Bildungsbürger sind etwa so beliebt wie reiche Leute, die der österreichische Sänger Danzer einst als ‚feine Leute‘ in den Boden sang.
Wie kann man sich aber auch über Bildungsbürger aufregen: als ob sie eine Brille hätten, die ihnen nur erlaubten, auf Kultur zu schauen, ohne den Obdachlosen an deren Sockel auch überhaupt wahrzunehmen.
Dann sind sie noch diese Besserwisser, die wie bei einer Studiosus-Tour unentwegt noch einen Bestandteil Wissens loswerden müssen, um nicht daran zu ersticken.
Bildungsbürger sind zudem frei von Fehlern und politischer un-correctness. Sie rauchen nicht, kleiden sich beige, haben keine Frisur, sondern nur Haare und tragen irgendwelche Gesundheits-förderlichen Schuhe.
Und dennoch: wie wohl macht sich ein Dialog mit einem Bildungsbürger aus, der keine Gemeinplätze zitiert, sondern dem Kontext angemessene Sätze? Kritische Reflexion ist ihm vertraut, er kann ein Phänomen analysieren, ohne es sogleich im reflexartigen Rückgriff zu bewerten. Dieses Ringen um die richtige Bewertung des Details erst erlaubt einen Dialog.
Ergo: Bildungsbürger sind zwar totalitär, da sie dem gegenüber keine Chance geben, sich im Dialog anzustrengen. Aber sie haben stets auch ein Ticket in der Hand, mir dem man das Versprechen auf einen interessanten Austausch einlösen kann.