Der Massentod

Wieso nur ist der Mensch angesichts großer Opferzahlen bewegt?

Tagelange Berichterstattungen folgten dem Absturz der German Wings Maschine oder dem IC-Unfall in Eschede. Auch jeder schwere Unfall auf einer der deutschen Autobahnen wird in den Nachrichten verbreitet.

Seltsam jedoch steht dem gegenüber die Nachricht, das jährlich bis zu 15.000 Todesopfer durch Krankenhauskeime zu beklagen sind sowie jährlich bis zu 10.000 an den Folgen einer Grippe sterben. Zudem gibt es pro Jahr in Deutschland 10.000 Selbstmorde zu beklagen.

Diese offenkundige Unverhältnismäßigkeit stört bzw. ruft nach einer Erklärung. Denn warum tun wir das nur? Wieso sind wir dann besonders betroffen?  Können wir uns unser eigenes Verhalten erklären?

Was bietet sich also an? Es kann sich um Unfälle handeln, politische Gewaltanschläge, natürliche Katastrophen oder Ähnliches. Es ist wohl das Besondere und das vermeintlich Vermeidbare, das uns bewegt.

Vielleicht ist unsere besondere Aufmerksamkeit aber auch banal: es mag eine Regel des modernen Journalismus sein, dass Unglücke Menschen bewegen. Dies würde wiederum auch einem besonderen Empfinden der Menschen entsprechen, das gezielt bedient wird. Oder aber wir sind dann betroffen, wenn uns jemand motiviert betroffen zu sein?

Ist es also rational, logisch rational oder emotional rational? Sind die Opferzahlen möglicherweise zu groß, als dass man sie fassen könnte? Muss man sich dann physisch die Leichen vorstellen? Ist der springende Punkt der Empfindung, dass man selbst hätte betroffen sein können, da die Menschen eben zufällig und im Alltag Opfer wurden? Ist die singuläre Ursache so interessant, dass uns der Tod von fremden Menschen regt?  Verstärkt die räumliche Nähe das sprichwörtliche Entsetzen, die angeführte Fassungslosigkeit und die Anteilnahme?

Wohl lernt man dieses Verhalten, so auch die damit einhergehenden Empfindung. Denn vergleichbare Massentode, wie sie auch immer verursacht werden, finden unter uns kaum dieselbe Betroffenheit, wenn sie sich in einer anderen Weltregion ereignen, in einer anderen Alltagskultur oder eben nur eine bloße Meldung sind.

Das Phänomen der Betroffenheit jedenfalls währt nur ein paar Tage. Denn dann ist die Nachricht aus den Medien und aus dem Kopf. Im Vergleich zu einem persönlichen Trauerfall, einem Mensch oder anderes verloren zu haben, ist die Berührung eben doch mittelfristig nichtig.

Eine Folgerung daraus ist zu ziehen ist schwierig, da uns die moderne Ethik im Wege steht, wenn wir mit uns selbst analytisch umgehen wollen. Doch schieben wir beiseite, dass eine Information zu einem Massentod Empathie provoziert, ist es uns doch schließlich gleichgültig, soweit wir eben nicht aufgefordert werden, uns berühren zu lassen.

Weiter gedacht, würde das bedeuten, dass wir uns selbst in Betroffenheit versetzen als auch unwissentlich manipuliert werden können. Es heißt aber auch, gerade bei emotionalen und ethischen Sachverhalten nachzudenken, als einfach dem Gesetz der Reaktion Folge zu leisten.

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