Gewalt hat ein doppeltes Konzept: zum einen ist es passiv, zum anderen aktiv.
An einem Beispiel: Polizeigewalt an sich ist nur das Potential, das sich einsetzen lässt. Die Gewalten des Staats sind Kompetenzen und Zuständigkeiten. Gewalt ist irgendwie wie Gottheit oder Natur: sie kann aktiv werden, muss es aber nicht.
Dann aber gibt es natürlich auch die Gewalt, die eben physisch an einem Menschen verübt wird. Sie ist meist impulsiv und zügellos. Die manifestiert sich darin, dass sie aktiv wird.
Im französischen und englischen wird unterschieden: puissance und pouvoir; wie force und power.
Muss uns das nun etwas sagen? Das weiß ich nicht. Selbst eine kleine gedankliche Reise erbringt eher Vermutungen: auffällig jedenfalls ist, dass der Adressat gar nicht sicher weiß, ob er nun passiver oder aktiver Gewalt ausgesetzt ist – geschweige denn nicht zu wissen, ob es sich um einen positiven oder negativen Begriff handelt.
Es ist ein wenig wie bei der geführten Ohnmacht des Kindes und des Heranwachsenden, der nicht weiß, ob das Verhalten der Eltern gut oder schlecht für ihn ist. Es ist zur Schärfung des jungen Menschen jedoch unerlässlich, das auch einschätzen zu können.
Und das bestimmt natürlich auch den Umgang mit Gewalt: ist es richtig, sie herauszufordern; oder sich ihr zu unterwerfen. Die Einschätzung nimmt die Legitimität von Gewalt vor.
In einem friedlichen gesellschaftlichen Zustand ist es ohnehin seltsam, der öffentlichen Gewalt unterworfen zu sein. Denn sie ist der passive Erzwinger des vermeintlichen Mehrheitswillens; der letztlich auch zur aktivierten Gewalt als letztes Mittel zurückgreift.
Das Wort muss es geben; gehört es doch zur normalen Ausstattung menschlichen Miteinanders. Doch sollte man nicht zumindest sprachlich differenzierter damit umgehen?