Von guten und schlechten Verschwörungstheorien

Matrix und Illuminati haben uns fasziniert. Es ist die Rede von dunklen Parallelwelten, die Dinge beeinflussen, die wir uns sonst nicht erklären können.

Man denke an Blow up, diesen herrlichen Film aus den 1970er Jahren. Dort war ein Journalist auf der Spur nach einem Mord, der jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Überhaupt sind politische Thriller meist diesem Generalthema gewidmet: der Amtsmissbrauch gegen die kleinen – und vermeintlich ehrlichen – Leute.

Ist nicht die Gründungsthese der Linken an sich schon eine Verschwörungstheorie? Man denke an den international kooperierenden Kapitalismus, den Marx und seine Mitstreiter als eine Bewegung begriffen, die Welt unterzuordnen. Tatsächlich fallen einem auch die Parallelen zur These des internationalen Judentums ein, das sich gegen den Rest der Menschheit verschwört.

Nun kommen die ‚Rechten‘ mit ihren immer neuen Thesen und Geschichten. Ist das dann wirklich rechts? Oder einfach nur doof?

Ist es nicht eher ein psychologisches Phänomen? Reifen solche Ansichten nicht vor allem unter denjenigen, die sonst keinen Überblick, zu wenig Weltwissen haben? Ist es richtig – und fair, diese Menschen in eine rechte politische Ecke zu stellen? Muss man sie vielleicht eher therapieren?

Die neuesten Verschwörungsthesen sind anders als in der Vergangenheit. Am Anfang steht natürlich immer die Verschwörung, mit der die Unterjochung einhergeht. Aber zwischenzeitlich verlieren die Gebäude nun vollends den Anspruch, Theorien sein zu dürfen. Es sind unzusammenhängende illogische Bausteinkästen. So ist beispielsweise QAnon so etwas wie der derzeitige Champion unter den neuesten Theorien – wohl auch, weil er am meisten Aufmerksamkeit in den Medien gewinnt. Er wabert ziellos durch die Weiten des Internets. Klar ist nur, dass dort etwas Ungeheuerliches passiert, was niemand sehen will.

Die Gemeinschaft der Gläubigen bastelt sich so ein Weltbild zurecht, wie es die Nationalismen in den 19. Jahrhundert taten. Nur eben weit irrationaler. Einem story telling und Strukturen von Geschichten werden die Phantasien kaum mehr gerecht. Daher lässt sich sagen, dass sie in eine Phase des Wahns vorstoßen, bei dem das Produkt der Irrungen keinen Sinn mehr gibt, sich eben nicht mehr an Geschichten anlehnt. Ein happy end haben sie alle nicht, auch kaum Helden, sondern nur Misstände und böse Mächte.

Insoweit produzieren die neuesten Theorien immer weniger Schuldige und Gegenspieler. Die Anhänger gehen völlig in dem Prozess auf, sich der Bewegung zugehörig zu fühlen und ein aktiver Teil ihrer zu sein. Es geht nicht um das Erreichen von Zielen, schon gar nicht mehr um konkrete politische Zielsetzungen, wie der Sturz einer Regierung, als vielmehr um den Rückzug in die Glaubens- und Phantasiegemeinschaft. Verschwörungsbewegungen haben sich neutralisiert – sie entziehen sich einfach nur noch der Wahrheit.

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