Das Wort Anteilnahme wird fast ausschließlich dann genutzt, wenn man sein Mit-leid über einen menschlichen Verlust mitteilen will. Meist handelt es sich um einen Todesfall.
Dies ist zumindest verwunderlich, da wir doch auch ohne schmerzvolle Erfahrungen anderer Anteil an deren Leben nehmen können. Doch drücken wir das nur selten aus, wie mit „Ich fühle mit Dir“ oder „das kann ich gut nachvollziehen“.
Ich selbst nehme vorsichtig am Leben anderer Teil, indem ich Mitmenschen gelegentlich und unaufgefordert schriftliche Informationen gebe, die sie interessieren könnten. Das sind dann Posts als Mails oder Zeitungsartikel. Die Adressierten nehmen es wahr, als ein Angebot – das aber nicht weiter zu kommentieren ist.
Das finde ich tatsächlich seltsam. Denn man zeigt darüber eine Anerkennung gegenüber dem anderen, der sie jedoch ignoriert.
Ich kann mich an einen kleinen Skandal aus meiner Vergangenheit erinnern, als sich ein so angeschriebener Freund verwehrte, weiter in Mails an mehrere mit einbezogen zu werden. Dieser ehemalige Freund ‚befahl‘, ihn zukünftig nur noch direkt und alleine anzuschreiben – oder gar nicht.
Auch erinnere ich mich eines anderen Falls, als eine Bekannte ausführte, doch bitte nicht solche Mails zu schreiben, die vermeintlich auch anderen Menschen wortgleich zuteil würden.
Beide Reaktionen stießen mir auf. Andererseits fühle ich mich auch selbst etwas bedrückt und zum Publikum verdammt, wenn ich einen dieser Rundbriefe erhalte, in dem die Eltern ein Jahr mit ihrer Familie dokumentieren. Ich entwickle dabei ein Gefühl, das ich das nicht lesen will.
Ich habe den Eindruck, dass der bloße Unterschied darin liegt, dass man eben Aufmerksamkeit exklusiv will – und sie nicht bereit ist, mit anderen zu teilen. Doch könnte es sich um diese psychologische Regel handeln, im Kollektiv anderen die Verantwortung zuzuschieben. Das zeigt sich auch darin, sich bei Verbrechen in unmittelbarer Nähe auf die anderen zu verlassen.
Eine gezielte Aufmerksamkeit ist also nichts. Das muss die Anteilnahme lernen.