Es gibt ja dieses bekannte Muster der ‚inneren Antreiber‘ aus der Transaktionsanalyse: die Antreiber brechen sich mit der Krise Bahn. Im Stress sind sie nicht mehr zu stoppen. Jeder verhält sich unter Stress extremer. Die Antreiber sind: Genauigkeit und Fehlerlosigkeit (Sei perfekt!); Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit (Sei anderen gefällig!); Gründlichkeit und Durchhaltevermögen (Streng Dich an!); Stärke und Unabhängigkeit (Sei stark!); Schnelligkeit und die Fähigkeit, Chancen zu nutzen (Beeil dich!).
Nun haben wir Corona: und die Welt steht Kopf. Man muss sich fragen, wieso das eigentlich so ist. Denn die aktuelle Grippewelle mit 100en von Toten ist egal, die Todeszahlen des Winters 2017/18 von 25.000 Menschen alleine in Deutschland niemandem geläufig. Genauso wenig wie die 400.000 Toten, die Afrika jährlich durch die Infektionskrankheit Malaria zu beklagen sind.
Die Medien und die Politik gehen dabei eine seltsame Koalition ein, die dennoch irgendwie rational ist: es heißt bloß Ruhe zu bewahren und keine Panik auszulösen. Und gerade das schafft die Kommunikation, indem sie eben immer mehr mit dem Thema präsent ist. Wer nicht die ungeschönte Wahrheit ausspricht, befördert Spekulationen und Befürchtungen.
In einem Land mit der Garantie freier Selbstbestimmung ist das schwierig, da eben die ‚Kein Zwang‘-Politik an ihre ultimative Grenze stößt. Am besten ist dies gekennzeichnet mit dem Satz, der derzeit auch wiederum Schlagzeilen macht: „freie Fahrt für freie Bürger.“
Man fühlt sich ähnlich einer Notsituation im Verkehr: es stockt; aber man wird nicht informiert. Denn wieso treibt man dieses ganze Spiel? Ist das nicht völlig überzogen?
Das ganze Beispiel zeigt allenthalben ritualisiertes Handeln mit wenig gesundem Menschenverstand. Schön war, dass die Kanzlerin bei allen Forderungen nach Gesundheitsschutz zur Mäßigung und zum Abwägen aufgerufen hat. Das ist angesichts der radikalen Szenarien zum Stopp des öffentlichen Lebens völlig richtig. Zudem dürfte sich eine Wirtschaftskrise anbahnen. Aber es ist jetzt schon absehbar, dass Journalisten und Kommentatoren nach dem Abflauen wieder von Überreaktionen reden werden.