Wie wir aus den Weihnachtsgeschichte und unserer schlichten Einführung in die christliche Glaubenslehre wissen, hat Jesus – am Kreuz genagelt – den Schöpfer um Verzeihung für die Menschen gebeten: Gott, erbarme Dich der Menschen, die sich ständig aufgrund ihrer Unvollkommenheit schuldig machen. Sie können einfach nichts dafür, da sie nicht perfekt sind.
Der Klimawandel hat tatsächlich etwas von diesem apokalyptischen Endzeitszenario, das sich in der Szene spiegelt. Alles geht zu Ende; aber es bittet niemand die Schuldigen der Vergangenheit um Verzeihung. Dennoch gab es Menschen, die etwas getan haben – ohne um die Konsequenzen zu wissen.
Die Frage ist nun, ob die Kinder, Jugendlichen und überhaupt Jüngeren die Älteren für den Zustand der Welt beschuldigen dürfen. Ist es gerechtfertigt zu behaupten, die Älteren würden den Jüngsten einen geschundenen Planeten überlassen? Dass sie grob fahrlässig gehandelt hätten? Oder gar selbstsüchtig?
Man kann die Fragestellung unterschiedlichen Matrices unterwerfen: dem Strafrecht, der Psychologie, der Moral und anderem mehr. Ich befürchte, dass der Mensch ebenso kollektiv gehandelt wie immer: Idee – Plan – Durchführung – Analyse der Folgen. Und es war nichtmals ein Bild des Ganzen als vielmehr des Handelns einer vergleichsweise agilen intelligenten technologischen Elite. Es waren eben die besten, die Innovationen geschaffen und dann umgesetzt haben.
Man kann die jeweiligen Vorgänger immer beschimpfen. Das tun übrigens auch die Nachfolger im Amte. Nur haben sie eben auch den Vorteil, von den Errungenschaften der Vorgänger profitieren zu dürfen sowie auf deren guten wie schlechten Erfahrungen setzen zu können – sie haben also einen Wissensvorsprung. Der besteht in dem angesammelten Wissensbestand, also im zugänglichen Weltwissen.
Und nun kommt wieder die Frage nach der Legitimität des Vorwurfs und der Verantwortung. Ist das gerechtfertigt? Darf man sich überhaupt überhöhen? Was darf man denn eigentlich überhaupt behaupten? Muss man sich des eigenen Privilegs bewusst werden, die Zukunft vor sich zu haben?
Dürfen wir also anklagen? Natürlich gehört das zur Freiheit des Handelns. Und es versichert die Kläger, dass sie im Recht sind. Es zementiert ihr Weltbild als Opfer. Das ist bequem, aber auch logisch.
Wir Älteren auf dieser Erde können der Anklage Glauben schenken, eine Unterlassung begangen zu haben. Wir können sagen, dass wir nicht wussten, was wir auslösen. Wir haben im besten Gewissen und aktuellem Wissen gehandelt. Und dennoch bleibt das maue Gefühl, Schuld zu haben.
Mich erinnert das an die Frage der Erbsünde. Wir können weder dafür, was besteht, noch für das, was gewollt war, freigesprochen sind – wir sind irgendwo dazwischen.