Die deutsche Einheitswippe mag ein Witz sein; liefert sie doch für jeden Kabarettisten reichlich Stoff, um sich lustig zu machen. Denn Großes und Kleines, Bedeutsames und vermeintlich Unwichtiges, wie Grundsätzliches und Praktisches gehen hierbei durcheinander – prallen eben aufeinander. Und gerade der Aufprall verschiedener Richtungen macht uns lachen, schmunzeln und Kopf schütteln. Wir finden die ganze Debatte sinnfrei, grotesk, überzogen und überflüssig.
Andererseits sind Großbauten und besondere Pläne zum Bau von Erinnerungen immer mit Kopfschütteln begleitet. Denn im Angesicht des aktuellen Leides ist die Nicht-Unmittelbarkeit immer unsinnig. Irgendwann jedoch gehören solche Prunkstücke von kollektiver Erinnerungskultur immer zu Anziehungspunkten von Besuchern auf der Ferne. Es ist, als ob sie eher verstünden, was diese über die Gesellschaft aussagen wollen.
Die Groteske der Planung einer in Stein gemeißelten Erinnerung ist wohl die immer gleiche. Schon einer der größten Romane des 20. Jahrhunderts, der Mann ohne Eigenschaften, nahm ein solches Vorhaben zum roten Faden, über den Status Quo nachzudenken.
Die Auflehnung gegen das Offizielle und Institutionelle ist immer wieder ein Reservoir für Protest, Häme, Schimpfen über die Obrigkeit – aber auch immer wieder ein Anlass zum Nachdenken und zum Streit über öffentliche Angelegenheiten überhaupt. Das sehen wir dieser Tage ja auch bei den spontanen Demos gegen den sog. Shutdown, also das Schließen des Lebens im öffentlichen Raum. Und auch das wiederum gibt Anlass zum Nachdenken. Denn angesichts der Katastrophe in Norditalien ist das Gehopse von einzelnen eher zwergig und dumm. Der SPIEGEL Autor Hornig schrieb dazu kürzlich: „Ich habe nie zu den Menschen gehört, die sich im Ausland für ihre Landsleute schämen. Im Moment aber fällt es mir schwer, die Deutschen zu mögen.“
Das Seltsame bei den Protesten gegen die politischen Corona Maßnahmen ist aber, dass genau die Regeltreue vermutlich der Grund daher ist, dass Deutschland so glimpflich, vielleicht gar glücklich durch die Pandemie gekommen ist.
Es bleiben die Fledermäuse im Sockel des Einheitsdenkmals: sie sind doch eigentlich ein Beweis dafür, dass die Natur auch vor dem Großen nicht Halt macht. Es ist die lebend gewordene Fabel des Königs neuer Kleider. Die Fledermäuse haben den Sockel des ursprünglichen Kaiserdenkmals erobert. Würde man sie nicht auch in die baulichen Planungen einbezogen haben, würde man doch tatsächlich auch das Jetzt schleifen.