Männer tendieren dazu, Stärke zu demonstrieren. Das ist das anthropologische Erbe der Vorzeit.
Wir alle wissen, wie das aussieht: es ist diese Körperhaltung, bei der man die Schultern hochzieht und ein wenig nach vorne neigt. Es ist eine Geste der Bedrohung, die sich vor allem bei jungen Männern zeigt. Dazu kommt der breitbeinige Gang, der wohl Körperfläche demonstrieren soll. Muskeln gehören auch dazu, am besten entblößt; der Bizeps nimmt dabei eine repräsentative Stellung ein, soll ein pars pro toto für die körperliche Stärke sein.
In der Gestik des Gesichts spielt sich die vermeintliche Coolness ab, die mit der Vermeidung von jeglicher sozialen Einladung einher geht: die Augenlider gesenkt; der Blick starr; kein Lächeln, das als Aufforderung zum Kontakt interpretiert werden könnte. Dieses Ensemble ließe sich als Modell des Einzelgängers interpretieren, der durch das Leben driftet.
Das Alles passt in die Zeit des Steppenläufers, als der lone some Cowboy geboren wurde. Der streifte durch die Weiten und konnte sich der Gefahren erfolgreich erwehren. Er war eher der Krieger denn der Versorger, der Nahrung organisierte.
Sprichwörtlich sind die Alpha Tiere geworden, die sich in den sog. Vorstandsetagen breit gemacht haben. Dort soll es ein Hauen und Stechen geben; es soll um permanentes Positionieren gehen. Kürzlich nahm ich in ‚Bahn mobil‘ das Bild mit: „an der Wall Street geht es nicht um Geld, sondern um Macht und die Vermeidung von Machtverlust.“
Und oft lassen sich so auch Männer lesen, die sich des Repertoires des großen und starken Mannes hingeben. Heutzutage aber kommt man mit körperlicher Stärke nicht zum familiären und beruflichen Erfolg. Also wenden sich die neuen Männer immer mehr von dem Getue ab. Sie werden weicher und verlässlicher, also sozialer. Wenn kein Krieg ist, braucht man den ständigen Verweis auf Stärke auch nicht mehr.
Und dennoch: auch die heutige Zeit verlangt Stärke. Das Getue wandelt sich: denn man kann auf andere Stärken verweisen, von dem man glaubt, dass sie den anderen beeindrucken, zuweilen auch einschüchtern sollen. So ist die Demonstration von Wissen und Bildung eine Möglichkeit; der Verweis auf die vielen und guten Freunde wäre eine Option; eine weitere könnten die Ressourcen sein, wie Vermögen und Geld; oder aber man erklärt sich einfach als besser aussehend.
Es ist aber noch da, das Getue des Mannes – wie wohltuend und gelichzeitig anachronistisch. Da läuft er Marathon; er geht ins Fitness Studio: Der Mann geht mit der Stirn auf den anderen zu – und plötzlich ist Rudelbildung. Und wenn alles nichts mehr hilft, reicht es auch, sich selbst zu versichern: „dem habe ich es aber gezeigt.“