Werden Menschen angegriffen, wehren sie sich. So einfach ist das, auch wenn es die christliche Botschaft anders will. Dann schlagen sie um sich und beleidigen das Gegenüber. Die Folge kennen wir alle: man ist vergrätzt, entsetzt, sauer, verletzt und muffig. Man hat keine Lust mehr mit dem oder der. Am liebsten würde man den Kontakt ein für allemal abbrechen. Verhöhnung ist leichter als Versöhnung. Und vor der Versöhnung müsste auch so etwas wie eine Sühne und Reue des Gegenübers erfolgen.
Wenn sich dann nicht wieder die normale Vertrautheit einstellt, kommt dann häufig die seltsame Frage: „bist Du jetzt etwa verletzt?“ Das hat diesen provokanten Unterton, der eine weitere Beleidigung entrollt: „Du Memme – wohl nicht stark genug für eine verbale Auseinandersetzung! Beleidigt sein ist etwas für Mädchen.“ Es formuliert nochmals eine Schwäche des Gegenübers. Es ähnelt dem Clan-Deutsch „Du Opfer, Du!“
Und so wird aus einer einfachen Episode eine doppelte Verletzung. Es kann sein, dass der vermeintliche Beleidiger dies nicht so meint – und den Schmoll-Satz nur als eine Aufmunterung verstehen wissen will, die Sache nicht ‚hochzuhängen‘. Es ist der Klaps auf die Schulter oder das Zwinkern der Augen. Vielleicht aber treibt – im Gegenteil – ihn auch das Streben, endgültig seine Stärke gegenüber dem anderen zu manifestieren. „Ich kann dem sagen, was ich will; der wehrt sich nicht mehr. Der hat meine Stärke akzeptiert.“
Also Ohren und Augen auf, wenn sich ein Streithahn über das Opfer auch noch lustig macht. Dann nämlich scheint die Aussicht auf ein Gleichgewicht zwischen zwei Personen zu schwinden.
Meint es der Beleidiger aber ernst, dann dürfte er damit ein Angebot unterbreiten, wieder die Friedenspfeife zu rauchen. Er würde dann eine Art von Entschuldigung ausdrücken und seine vorherige Aussage möglicherweise relativieren oder gar zurücknehmen. Dann ist das ‚schmollst Du?‘ eben mit einem Frage-, nicht einem Ausrufezeichen versehen – Satzzeichen werden unterschätzt.