Wettbewerb im Nichtstun

Kürzlich erzählte mir doch jemand mit Schmunzeln von einem Kollegen, der sich brüstet, besser im Vermeiden von Arbeit zu sein als die anderen. Es hat gar ein inneres Konto aufgemacht, indem er die Paarungen summiert: gegen x steht es jetzt 2 : 5.

Dabei schmunzeln die Protagonisten über ihre Leistung. Sie sind offensichtlich stolz darauf. Sie wissen zu vermeiden. Sie können ihren Willen jemandem anderen aufdrücken. Sie sind besser.

Manche Menschen könnten dies als einen lustigen Zug des Handelns betrachten. Dahinter steckt jedoch ein Weltbild, das a-sozial und zugleich menschlich ist. Gerade Männer suchen den Wettbewerb, wo auch immer er lauern könnte. Das gehört wohl zum sog. Spieltrieb.

Doch gleichzeitig wollen die so Handelnden genauso soziale Anerkennung wie alle anderen Menschen auch. Ihr Publikum ist nicht die öffentliche protestantische Moral, sondern die des Gauners, der sich durchsetzt. Es ist das Schmunzeln des Kleinkriminellen.

Von Dritten werden diese Protagonisten aber als Trittbrettfahrer betrachtet. Denn sie genießen die Privilegien, aber scheuen die Pflichten. Es sind die Wheeler Dealer, die Schmarotzer, die Cleveren, die Bauernschlauen – die eben mit geringstem Aufwand das Meiste herausholen.

Dabei hat der Faulpelz immer schon einiges an Sympathie genossen. Das begann wohl mit Diogenes in der Tonne, über den verklärenden Blick von Eichendorffs (aus dem Leben eines Taugenichts) bis hin zu der neuesten modernen französischen Lektüre von ‚die Entdeckung der Faulheit‘.

Auch die Hochstapler können auf den sozialen Resonanzboden der Sympathie vertrauen. Auch literarische Zeugnisse sind hier zu nennen, vor allem wenn man an Vorstellung von Horst Buchholz im Film des Felix Krull denkt. Es ist wohl die (Bauern-) Schläue, die uns gefällt: so wie die von Gerd Postel, dem Gauner Dagobert oder anderen. In Filmen wird dieses vom Zuschauer beneidet, wobei es oft der moralisch einwandfreie Gauner ist, der die Beute nicht braucht – und besser noch an die Armen und Bedürftigen verteilt.

Doch gibt es eben diejenigen, die immer und überall die Vorteile des Systems für sich zu nutzen wissen. Die sagen, dass dieses Eindringen in das System schon eine Leistung an sich ist. Das erinnert mich auch an diejenigen, die während ihres Jurastudiums gesagt hatten, dass es eigentlich langweilig sei: doch die Erschließung des Systems hätte ihnen große Freude bereitet.

Wer sind diese Typen, die sich mit Stolz brüsten, wenn sie sich Vorteile mit dem geringsten Aufwand besorgen? Ist das tatsächlich nur eine Minderheit? Oder ist es nicht gar ein anthropologisches Prinzip, was eben durch Moral gehemmt wird? Man erinnere sich an den Slogan ‚geiz ist geil‘, der eine Art von Legitimation erbringt, wenn man im Wettbewerb mit den anderen ein Produkt mit weniger Aufwand erhascht. Ist nicht die Gelegenheit, die Diebe macht, auch nur eine Normalität? Und sagt nicht auch der Schüler mit den guten Noten, er habe nicht viel lernen müssen? Ist es nicht einfach so etwas wie ein Fingerzeig auf sich selbst, dass man im abstrakten Wettbewerb mit allen anderen schneller an das Ziel gelangt, das alle zu erreichen versuchen?

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