Die einen wollen Streit, die anderen Entscheidung! Die dritten Fürsorge. Und alle verstehen darunter ‚das‘ Wesen der modernen Demokratie.
Gleichzeitig schimpft die Mehrheit über diejenigen, die die Entscheidungen verantworten und die vielen Engagierten, die im Straßenwahlkampf ‚nerven‘.
Weiter nehmen viele die politische Berichterstattung als Belastung wahr: dass sind doch immer dieselben; die reden doch nur; und dazu verschroben; eigentlich wollen die nur Macht; die Themen haben nichts mit den Problemen der Menschen zu tun usw.
Die Themen sind kompliziert. Man verlangt nach einfachen Fragestellungen, bei denen man mitdenken kann. Der ‚talk‘ verlangt Basiswissen über verschiedene Themenfelder, die man nicht
Das Handeln der Politiker wird als zu langsam empfunden. Vorbereitung und Aushandeln von Mehrheiten werden als unnötig bewertet. Denn es gibt doch nur eine Wahrheit – und die muss nur jeder einsehen und bedienen.
Die einzelnen Politiker sind zudem typische 1er Schüler, die mehr Feinde haben als die heimische Giftspinne. An den Menschen an sich entzünden sich Debatten seltsamer Natur: die sieht unsympathisch aus, der ist sicherlich ein Macher, ich kann dessen Stimme nicht ab usw.
So weit so schlecht. Der demokratische Souverän ist für seine Aufgabe nicht geeignet. Doch das Prinzip gilt: nur die Menschen selbst können ihre Selbstorganisation übernehmen. Das ist gerechter, aber nicht unbedingt folgerichtiger als die Herrschaft von wenigen.
Und somit hat die Menschheit ein gravierendes Problem. Es geht nicht um Sachlichkeit, es geht um Sozialpsychologie der Massen. Niemand würde sich einer sozialen Gruppe unterwerfen wollen, die offenkundig nicht ausreichend vorbereitet ist. Wer würde schon eine Gruppe die medizinische Fürsorge seiner selbst übernehmen lassen, obwohl die ausgebildet ist?
Neben der fachlichen Eignung gibt es jedoch auch noch die Haltung des modernen Menschen. Er ist an seinen Interessen orientiert, nicht an denen der Mehrheit seiner Mitmenschen. Und er will seinen Lebensentwurf durchsetzen.
Ihm fehlt jedoch weitgehend die Einsicht in den Kompromiss an sich, das jeweilige Aushandeln, das Nachgeben, das Befolgen von Mehrheitsmeinungen, die Vogelperspektive und der Sinn für das Gemeinwesen. Es herrscht in den Köpfen zumeist das Bild des Straßenverkehrs: man setzt sich durch oder schimpft.
Für das Funktionieren einer Demokratie muss sich die heutige Gesellschaft be-sinnen. Sie muss tatsächlich lernen, welche Haltung und welche Spielregeln Demokratie bedingen. Dass dieses bißchen politische Bildung dies schafft, ist unwahrscheinlich.