Die DDR war für viele eine Heimat. Was sie auch immer zur Identifizierung heranzogen: die ehemaligen DDR-Bürger verwehren sich mit Beleidigung und Aggression gegen jegliche Anwürfe von Menschen, die nicht denselben Erfahrungshintergrund haben.
Dies wird zumindest politisch (an)erkannt, da nämlich die Bevölkerung zum Opfer umgedeutet wird. Waren die Ostdeutschen unmittelbar nach 1990 die unbedarften und unmündigen Ossis, hat sich das Bild gewandelt. Denn die Ostdeutschen pochen auf die Anerkennung ihrer Lebensleistung – zunehmend mit Erfolg.
Knifflig wird es jedoch, wenn das auch die tun, die zu den Stützen des alten DDR Regimes gehörten. Es sind die vielen aus den Staat stabilisierenden Apparaten, ob Beamte, Lehrer, Soldaten oder gar Parteikader. Auch sie beanspruchen Anerkennung – und reklamieren daher die Befreiung von Schuld und Verantwortung.
Menschen können nicht mit Schuld leben, selbst wenn sie sich selbst für getanes Unrecht geißeln, wenn sie selbst ihre größten Kritiker sind. Das ist ähnlich dem Mörder oder Fast-Lottomillionär. Es schmerzt. Es schreit nach Korrektur, weil die Dissonanz nicht bestehen bleiben kann.
Und jetzt muss man sich vorstellen, dass die Geächteten inmitten der Mehrheitsgesellschaft leben (müssen). In meinem beruflichen Umfeld zähle ich solche Menschen zu meinen Kollegen.
Ein Miss-Verständnis ergab sich im losen Gespräch, als wir über den sog. Tag der Befreiung sprachen. Ich meinte, dass ich lieber den 07. Mai, den Europa-Tag als den 08. Mai, den Tag der Befreiung begehen würde. Mein Gegenüber versetzte das in Erstaunen, dann Unverständnis und schließlich Ärger. Ich bemühte mich darum zu erfahren, worin das Problem bestünde: es war die Ignoranz vor der Leistung der Russen, die Nazi-Deutschland besiegt haben. Dies wurde als Ablehnung des persönlichen Wertesystems gedeutet. Ich war reichlich verwundert, musste aber anerkennen, dass ein DDR-Grande gerade seine Geschichte höher bewertete.