Hass erdrückt die Seele

Kürzlich lief ich an einem Denkmal in der Nähe der Spree vorbei, das ich noch niemals wahrgenommen hatte. Es war mit Blumen geschmückt, wohl anlässlich des Jahrestages der Pogromnacht. Daneben lag eine Postkarte, auf der folgender Satz stand:

„wer Hass verbreitet, wird böse.“

Sofort hatte ich den Eindruck, dass dies wohl diese überzeugten Gedenker waren, die überall für Moral auftreten und Spuren hinterlassen. Ich halte diese Gruppe von Enthusiasten gesellschaftlich für wichtig. Doch sind sie eben persönlich langweilig, da sie quasi Ein-Themen-Menschen sind.

Doch dann fragte ich mich, ob denn das stimmen kann. Ich kenne den Buchtitel ‚Angst essen Seele auf‘ und kann das auch nachvollziehen. Ist es so, dass aggressive, böse sowie nörgelnde und lamentierende Menschen seelisch verarmen, vielleicht gar erkranken?

Es gibt einiges, das dafür spricht. So habe ich einen Kollegen, dem in all‘ seinem Handeln antreibt, seine Mitmenschen zu beschuldigen, zu beleidigen, zu belächeln, einfach nur schlecht zu machen. Mir scheint, dass dies ein innerer Zwang, ja eine Sucht ist. Eine Handlungsalternative würde ihm nicht einfallen. Aufgrund vergangenen Handelns ist vorhersehbar, wie er agiert.

Nach mehreren Jahren beobachte ich, wie seine Umwelt reagiert und Schlüsse zieht. Die Menschen wenden sich ab. Das Publikum wahrt zwar das Gesicht, indem sein Missverhalten nicht verbal sanktioniert wird. Und dennoch: die schleichende Isolierung nimmt zu.

Und so erhält dieser Mensch nur noch seine Fassade aufrecht, in dem coole Eigenständigkeit zelebriert wird. Wenn jedoch dann echter Widerstand auftaucht, ist er machtlos dem Gefühl ausgeliefert, dass er alleine ist. Der vermeintliche Gegenangriff bleibt aus. Er entfernt sich dann in sich.

Zwischenzeitlich sind Seele und Körper angegriffen: der Mann schlufft mit gebeugtem Rücken, meidet den geraden Blick in jemand anderes Augen, wirkt nervös.

Diese Entwicklung könnte zufällig sein, aber auch begründet in der eigenen böswilligen Natur. Am Ende spürt man das alleine Sein, die Distanzierung der persönlichen Umwelt und die Verunsicherung über sich selbst.

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