Was ist schlimmer: nicht schmecken? Oder nicht riechen? Eine akademische Frage, bei weitem gefehlt! Denn ich kenne drei Menschen, die tatsächlich nicht mehr riechen noch schmecken können.
Den einen fragte ich, was schlimmer sei. „Es ist eindeutig das Riechen. Denn man kann ja nicht einschätzen, ob man sich der sozialen Umgebung aussetzen kann.“ So wäre man dann also auf andere angewiesen zu erfahren, ob man beispielsweise einen Mangel an Hygiene verrät.
Nun lässt sich das Phänomen natürlich auch küchenpsychologisch erläutern – indem man seine Gedanken lose logische Verknüpfungen finden lässt. Ausgangspunkt dürfte sein, dass man annimmt, nur solche Menschen verstünden sich, die sich nicht riechen können.
Aber was passiert dann, wenn man mit sich selbst olfaktorisch entfremdet. Jedoch muss man vorab fragen, ob es nicht ohnehin Menschen gibt, die ihren eigenen Geruch nicht mögen. Was ist mit Mundgeruch, was mit Ausscheidungen?
Die Entfremdung vom körperlichen Selbst ist mit vielerlei Dingen möglich, der Amputation, der Abhängigkeit von Medikamenten, der Ansicht über die eigene Hässlichkeit, der Ablehnung von bestimmten Partien wie Füßen, Brüsten oder Nasen. Und tatsächlich beginnt dann das Hadern. Die Entfremdung von seinem Körper ist für viele mit strukturellen Erkrankungen ein enormes Problem: denn die Einheit von Körper und Geist wird auch gegen den eigenen Willen vollzogen. Das gilt für Krebsopfer oder an Parkinson Erkrankte. Immerhin stirbt ein Teil von ihnen, und sie schauen zu.
Es handelt sich in psychologischer Sicht immer um einen Kontrollverlust. Viele lächeln darüber, soweit andere beobachtet werden, denen es gerade widerfährt: bei denen der Erfolg ausbleibt; die von einem Konkurrenten verbal attackiert werden; denen ein Missgeschick in der Öffentlichkeit widerfährt.
Wehe der Situation, wenn dem Menschen diese Erfahrung aufgezwungen wird. Das passiert bei Kleinigkeiten: dem Schluckauf oder Rülpsen; kann man nicht mehr Wasser lassen, wird es mulmig; knickt das Bein weg, ist das kaum mehr zu verbergen; erinnert man sich jedoch nicht mehr an substantielle Zeiten seiner Biographie, wird es beängstigend.
Vermutlich bedeutet es nicht mehr und nicht weniger, wenn das Riechen verschwindet. Zudem kann man an einem Teil der Welt nicht mehr teilnehmen, der Freude über Gerüche. Also sollte man sich freuen, auch das Unangenehme nicht mehr riechen zu müssen.