Vom Kumpel zum Chef-Typ

Im letzten halben Jahr wanderten gleich drei Kollegen auf die TOP-Jobs in ihren Organisationen. Mit allen verbindet mich eine 15-jährige Geschichte, geleitet von beruflichen Kontakten, aber mit einem überdurchschnittlichen persönlichen Bezug. Der besteht aus einer gewissen Vertrautheit und das Duzen.

Meine Glückwünsche bewegten sich in derselben alten Welt der Kumpanei, die bislang den Ton unseres Austausches ausmachten. So weit, so gut.

Eine Reaktion oder andere Art von Antwort meiner Anerkennung erhielt ich nicht. Es kann sein, dass dies ein Zeichen war, nun einer anderen gesellschaftlichen Statusgruppe anzugehören. Vielleicht mochten sie die flapsige Art nicht, die ihnen wie eine Beleidigung vorkam. Oder aber sie empfanden das als Anbiedern.

Auch andere Personen, denen ich in der Vergangenheit begegnet bin, haben Karrieren gemacht, die ihnen öffentlichen Rollen und somit Status gaben. Dies bezieht sich auf Personen in hohen Positionen der EU, der OECD oder der Bundesministerien.

Das Erstaunliche ist, dass nur wenige weiter den Kontakt über Grenzen des Status hinaus halten (wollen). Ich bin – persönlich – enttäuscht über den Bruch zu höherem gesellschaftlichen Status; aber froh darüber, dass ich den zu niedrigerem Status aktiv vermeide. Denn dort forciere ich Kontakte, um mich eben nicht in einer Blase zu bewegen.

Für den Aufsteiger ist es ein enormer Schritt, einen neuen Status via Leistung einnehmen zu können. Es dürfte einem tiefen Bedürfnis entsprechen, ein ‚Verdienst‘ in Anspruch nehmen zu können; sich im Wettbewerb um höhere Posten durchzusetzen; oder Achtung von Mitmenschen für die erlangte Macht zu erhalten.

Aufsteigen im gesellschaftlichen Sinn ist weit mehr als Aufsteigen in räumlich-physischer Perspektive: denn es ist eine für alle sichtbare Bewegung ‚nach oben‘, was an sich schon mit einem besseren blick und bessere Luft verbunden ist. Es geht am Ende aber über das schauen auf die anderen, was räumlich bedeutet, den anderen über-legen zu sein und mehr Kapazitäten zu besitzen.

Drei kontrastierende Blicke dazu: zum ersten handelt es sich zwar auch um soziale Anerkennung. Doch entscheidend ist, dass die Personen auch eine funktionelle Kompetenz mitbringen. Schließlich gehören ihre Mitglieder zur Funktionsweise einer – wie auch immer gearterten – Funktionselite an.

Weiter ist soziale Anerkennung auch mit Haftung und Verantwortung verbunden. Dies bedeutet auch, für Konsequenzen seines Handelns einzustehen – also mit öffentlichem Pranger und raschem sozialem Absturz.

Schließlich kann sozialer Aufstieg nicht die individuelle Persönlichkeitsentwicklung kompensieren, die als echte Bewegung eines Menschen bedeutsam ist.

Natürlich verschiebt sich die Bedeutung je nach Kontext, Präferenz und Schicksal. Doch dürften Aufstiege ein Moment von Lebensenergie schlechthin sein. Der Mensch möchte seine Situation stets optimieren, sie beherrschen und gestalten.

Daher gratulieren Mitmenschen auch intuitiv zu einem Aufstieg. Und entwickeln so etwas Ähnliches wie Ehrfurcht. Es handelt sich um die Attribuierung von Wert an sich. Denn Status ist nun einmal eine soziale Währung: es lässt sich mit Mehr an persönlichen Vorteilen versehen.

Und was heißt das für mich? Ich habe diese Personen wohl aus dem Kreis von Vertraulichkeit verloren.

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