Alle möglichen Menschen empören sich dieser Tage über alles Mögliche. Es ist wie eine kollektive Aufwallung. Man beschwert sich über das eine, das andere und das weitere. Es gibt kaum mehr den Zustand, in dem eigentlich alles als in Ordnung befunden wird. Die Menschen kommen gar nicht mehr zur Ruhe.
Zwischenzeitlich gibt es immer mehr Analysen, die das Phänomen zu erklären versuchen. Es ist da von allerlei die Rede. Die Schwierigkeit freilich ist, dass es weder theoretische Ansätze noch irgendwelche Nachweise gibt.
Auch Literatur entsteht dazu, wie gar ein Buchpreis dem Thema gewidmet wird, i.e. Carolin Emcke mit Hass.
Man kennt das Verhalten meist von Heranwachsenden, die in ihrer Pubertät eine Phase des wütenden Aufstandes hinter sich bringen. Denn sie lehnen ihre Eltern ab und sich somit gegen sie auf. Das ist wichtig für ihr erwachsen Werden.
Wut ist so eine Sache. Vielleicht sind es tatsächlich Hormone; oder aber mangelnde Impulskontrolle. Aber es könnte auch Unzufriedenheit und Aggression nach dem Muster sein, dass sie entsteht, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden.
Wenden wir uns den Eltern zu: auch sie werden wütend, wenn sich ihre Kinder ihrer Kontrolle entziehen. Sie sind dann der bewussten Verletzung nahe – auch der Anweisung und des Befehls.
Oder bei Paaren: die Wut richtet sich gegen den, der sich nicht mehr verstanden sieht und fühlt. Er schreit. In französischen Filmen passiert dann noch mehr:-)
In der Generation meiner Eltern war Wut tabu – mit Ausnahme des Auslebens hinter verschlossenen Türen. Wut war privat. Heute fördern Zeitgeist und populäre Mehrheitsmeinungen das Herauslassen von Wut: das ist gut so! Sei ehrlich zu Dir und Deiner Umwelt! Lass es raus – sonst schadet es Dir. Sei Du selbst. Passe sich nicht an.
Und dann?