Wäre ich ein blauer Klaus vom Mars, würde ich beim ständigen Hören von ‚Perspektivwechsel’ denken, die Erdmenschen wären besessen. Was nur ist das Tolle daran, ein Ding von der anderen Seite anzuschauen? Würde ein Ball von der andern Seite unterschiedlich aussehen? Oder ein Auto?
Bei einem Würfel wäre das schon so, beim Mond noch stärker. Ein Fußballspiel mit unterschiedlichen Loyalitäten würde völlig anders verfolgt. Und ob man eine Rolle selbst spielt oder ein Theaterstück mit sich selbst anschaut, ist ein signifikanter Gegensatz.
Es gibt diese Filme, in denen ein Mensch durch das Leben begleitet wird. Oft werden dann die Stationen kommentiert und erläutert, was wann und wie passiert ist. Der Kommentator seines Lebens re-konstruiert sein Handeln in einer Atmosphäre, die anders ist: er muss dem Zuhörer sein Handeln erklären und es mit dem Rahmen in Einklang bringen. Auch lässt sich das im wahren Leben machen, indem der Mensch in einem Tagebuch sich selbst beschreibt.
Es ist eine kleine Distanz mit bewusster Wirkung: denn plötzlich ist man eine Figur, die man in einen Kontext setzt. Das führt dazu, dem Rahmen eine Bedeutung zu geben, die sich aus einer Perspektive des verdeckten und verschütteten Dialogs mit sich selbst nicht erlangt.
Ein Beispiel für diesen Vorgang ist die Hochzeit: alles läuft auf diesen Partner hinaus; alles ist perfekt; der Humor ist derselbe, die Einstellung such; die Eltern sind in Ordnung; und so weiter.
Doch: ist es eigentlich sinnvoll, sich genau der Erwartung anzuschließen, dass alles gut ist? Denn alle sind einverstanden, alles sei perfekt. Nun kommt der kleine Bedenkenträger und Nörgler: soll dein Leben eigentlich genau diesen Weg gehen? Ist es ok, nur weil es alle gut finden? Könnte es sein, dass diese Perfektion genau das ist, was man eigentlich nicht mag? Aber wer traut sich schon, dies in dieser Zeit des Rosa zu äußern? Etwa der Trauzeuge?
Dazu fällt mir ein Lied von Roger Cicero ein, der sang, dass man seinem besten Freund nicht trauen sollte. Und dazu fällt mir Konfuzius ein, von dem überliefert ist: wäre ich König, würde ich als erstes den Minister entlassen, der mir nicht widerspricht.