Ein neuer Zeitgeist setzt sich durch, i.e. das unbedingte Verlangen nach wertschätzendem Feedback. Das ist eine Wohltat nach der üblichen Ansprache, die die familiäre und berufliche Welt noch bis vor rund 20 Jahren beherrschte.
Der autoritäre Vater gar galt als eine wesentliche Ursache für die Durchsetzung des deutschen Faschismus. Das Aufbegehren gegen diesen autoritären und militärischen Ton des Vaters wilhelminischen Gepräges war eine radikale Abwehr von der ewigen Gültigkeit des Grundsatzes, dass es eine hierarchische Ordnung auf Erden geben muss.
Legendär ist natürlich der Ton aus deutschen Unternehmen, die ein hierarchisches Gepräge über Jahrhunderte aufbauten. Bildstiftend dafür ist wohl die Lehre, die für jeden Jüngling eher Prügel denn Förderung war.
Neue Zeiten bringen neue Einsichten: so propagieren Arbeitswissenschaften und die Psychologie das Credo, den Grundsatz ‚Förderung vor Schelte’ zu beherzigen. Die Bedarfe des Mitarbeiters werden als Produktivfaktor gewürdigt. Man sieht ein, dass ein guter Mitarbeiter nur der sein kann, dessen Aufgaben mit seinen persönlichen Überzeugungen korrespondieren. Alles andere bedeutet Stress.
In einem kirchlichen Radiosender hörte ich so etwas wie einen Jingle, mit dem die Hörer aufgerufen wurden: tue etwas Gutes, „ohne Applaus zu erwarten“. Das ließ mich aufhorchen. Denn das Nehmen von Feedback muss nicht auch das Geben erfassen.
Gleichsam muss auch möglich sein, Dinge zu tun, ohne eine Wertschätzung einzufordern oder zu erwarten. Nicht immer bedarf es der Aufmerksamkeit und der Wertschätzung durch einen anderen Menschen.
So banal diese Aussage auch klingen mag: doch wer hebt aus freien Stücken den Müll vom Weg, wenn niemand zuschaut? Wer würde schon einem Bedürftigen Geld geben, wenn nicht auch ein Publikum existiert?
Dieses Publikum kann ein wesentlicher Steuerer unseres Verhaltens sein. So lässt sich vermutlich auch die Pöbelei im Internet erklären, wenn man seine Identität nicht offen legen muss. Denn das Gegenteil von Applaus ist der Buhruf, die Sanktion schlechthin. Dann nämlich schreckt man wieder vor einer Handlung zurück.
Könnte man sich nicht auch selbst Applaus geben?