Absegnen

„Das lasse ich mir aber von meinem Vorgesetzten absegnen.“ Wer hat diesen Satz nicht schon einmal gehört?

Was aber ist dieses ‚Absegnen‘? Wieso wird das so genannt? Hat das etwas mit Religion zu tun? Gibt es gar ein Ritual?

Man kann im Netz nachschauen, was das Wort bedeutet: „Zustimmung von einer höheren Instanz“. Doch ist diese höhere Instanz nicht eine Hierarchiestufe in der Kirche. Es handelt sich wohl um eine säkulare Anleihe aus dem kirchlichen Vokabular. Gibt es nichts Schöneres, einfach aus dem Bereich zu klauen, der die letztendliche Legitimation für sich beanspruchen darf!?

Und so wird damit natürlich auch die Unfehlbarkeit einkopiert. Das heißt, dass eine getroffene Entscheidung eben nicht hinterfragt werden darf.

In DE hat man weitere Synonyme, die andere heilige Instanzen aufführt: es ist der Friedrich Wilhelm, der ein Papier zeichnen kann. Auch ein UKAS kann formuliert werden, also ein Erlass der zaristischen Regierung im einstigen russischen Reich. Der ehemalige Bundeskanzler Schröder hat daraus einfach basta gemacht.

Die kirchliche Komponente impliziert, dass eine Entscheidung steht, im OB und im WIE. Sie darf nicht hinterfragt werden. Sie muss gar ‚geglaubt‘ werden. Das kann aber tatsächlich in seiner rationalen, demokratischen und mündigen Gesellschaft an sich schon zu einer Ablehnung des Prinzips eines Chain of Command führen. Denn das Prinzip der solitären Entscheidung ist schwierig, wie das desjenigen, der nur die Funktion eines Vorgesetzten hat. Besser ist schon die Entscheidung eines Eigentümers, dass Privateigentum respektiert wird.

Es stellt sich eben die Frage der Legitimität von Entscheidung und Entscheidungsgewalt. Es ist wahrscheinlich, dass die Mehrheit der Menschen die wissenschaftlich begründete Wahrheit ‚glaubt‘, auch wenn das immer mehr in Frage gestellt zu werden scheint. Denn wissenschaftliche Evidenz ist vielstimmig, es gibt ein Nebeneinander von Wahrheiten. Der Segen lässt sich hiermit also nicht einholen.

Und Absegnen ist auch immanent, dass die einmal getroffene Entscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann – sie gilt mit Verweis auf die göttliche Kraft als ewig richtig und zu beachten. Man kann sie nicht weg-segnen. Es gibt meines Wissens keine geregelten Prozess, Wahrheiten durch neue Wahrheiten zu beseitigen. Was passiert eigentlich mit den alten Wahrheiten? Sind die deswegen tot? Man ‚überwirft‘ Wahrheiten – was?

Absegnen dürfte kein sinnvolles Verfahren sein. Möglicherweise hat es den Klang erlangt, mit dem ein frustriertes Hingeben andeutet. „ist mir doch egal; Hauptsache eine anderer trägt die Verantwortung.“ Das wiederum ist blödsinnig, da wir nach dem Selbstverständnis des Rechtsstaats mündige und selbstverantwortete Bürger sind.

Das Absegnen sollte nur noch das Abticken und Bestätigen in Verwaltungsverfahren sein. Es hat in der heutigen Welt keinen Platz mehr. Man sollte es in Frieden sterben lassen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert