Ich bin einer dieser alten weißen Männer, von denen man sich dieser Tage abwendet. Man warnt eben auch bei diesen, da sie nur ihre Geschlechterinteressen im Kopf hätten. Sie haben ein wachsend schlechteres Image.
Es gibt die Erwartungen von Protagonisten des Zeitgeistes, dass ich mich als einzelne Person verantworte und so auch schämen muss. Bildlich gesprochen soll ich in meinem Spiegelbild die hässliche Fratze des traditionellen Mannes sehen.
Doch das gelingt mir nicht. Natürlich wehre ich mich erst einmal pauschal gegen einen Vorwurf an sich. Dann zweifele ich daran, ob ich überhaupt mit einem generalisierten Bild vermengt werden darf. Und dann stellt sich mir auch noch die Frage, ob ich mich persönlich schuldig gemacht habe. Besitze ich all‘ diese Eigenschaften? Habe ich diesen gesellschaftlichen Status, der andere verdrängt?
Meine eigene Erfahrung kontrastiert mit den Annahmen der anderen: denn ich hatte nie etwas gegen Gleichstellung; des x hatte aber auch nie einen Spirit, sie zu forcieren. Meine Generation der 1964er hatte vielmehr das zentrale Problem, überhaupt in der Gesellschaft anzukommen. Denn wir mussten uns gegen viele durchsetzen; und wurden auch nicht gefördert (s. Bafög). Im Arbeitsleben angekommen, wurden vielmehr die jungen Frauen von Vorgesetzten umgarnt. Auch hatten sie bessere Startchancen, da sie auch damals schon die besseren Schulnoten vorweisen konnten – vielleiht auch weil sie eben braver waren?
Nun bezeichnete ich kürzlich eine Politikerin als ‚alte Zicke‘, weil ich ihren Stil ablehne. Auch hörte ich, wie sie persönlich mit Mitarbeitern umgeht. Doch eine Kollegin beschallte mich daher: „das kann auch nur einen Mann sagen! Und ‚wie‘ Sie das sagen!“ Bei mir dachte ich, dass sie weltfremd und ferngesteuert um in ein Feindesschema zu passen: „Aber was will die eigentlich?“ Dass ich niemals mehr eine Frau kritisiere? Mich aus dem sozialen Leben zurückziehe, um meine persönliche historische Schuld zu zelebrieren?
Tja, ich sehe mich eigentlich nicht als Anti-Feminist! Und auch nicht als Bösewicht. Aber ich lerne, dass ich das eben in den Augen anderer doch bin und bleibe.