Ich weiß nicht, ob man sich über Verschwörungsthesen sorgen sollte. Man müsste zunächst versuchen zu spekulieren, welche negative Folgen überhaupt daraus erwachsen können.
Bei einer Prüfung sollte man nicht vergessen, auch eine mentale oder kognitive Erkrankung in Erwägung zu ziehen. Zumindest dürften die Geschichten nicht der alltäglichen Logik und dem durchschnittlichen Weltwissen entsprechen. Immerhin geraten hier Bilder, Worte und Logiken wild durcheinander, also ob jemand ein Puzzle gestartet und fehlerhaft zusammengesetzt hätte. Dieser Mangel an Norm-Normalität könnte als Krankheit verstanden werden.
Man müsste auch versuchen zu analysieren, wer solche Verschwörungs-Erfinder sind: wollen die nur wichtig sein? Glauben sie, zu den Auserwählten zu gehören, die die Welt erklären können? Ist es das schaurige Gefühl, Mitmenschen beeindrucken zu wollen?
Ich kenne dies anders gewendet: „Ich kenne den besten Honig-Macher der Stadt“ ist die recht unbescheidene Vorstellung, selbst den Meister zu küren; mit ihm auf Augenhöhe und Kontakt zu sein; und damit werter als andere zu sein.
„Ich habe gestern den Spitzenpolitiker x gesehen. Ich habe mit ihm nicht gesprochen.“ Und schon wieder fällt auf den Erzähler der Glanz des Namens und die Prominenz des anderen.
Tatsächlich lassen sich Menschen von solcherlei beeindrucken – würden sie nicht sonst dieses Muster nachahmen und sich selbst darstellen?
Der Voyeurismus angesichts von Unfällen entspringt wohl einer ähnlichen Logik.
Andererseits gibt es den Schauer des Geheimnisses, der Mystik und der Exklusivität. Es sind die Exzellenz und die Überlegenheit, die einen reizen, sich als Wissende mit anderen zu vergleichen.
Verschwörungen sind ja nichts anders als fehl geleitete Mutationen von kognitiven Gewittern. Sie sind ein wenig wie biologische Fehler, die aber in Wirklichkeit eine Wirkung entfalten.
Im Mittelalter nannte man das noch Aberglaube. Der aber jedoch wurde von der Kirche definiert, die nach dem Wesenskern des Katholizismus nur den einen Glauben zuließ. Damit ähnelt sie zumindest der säkularen Variante der Wahrheit heutzutage. Maßstab von Wahrheit heute ist Wissenschaft.
Verschwörungsthesen sind harmlos, sollen doch die Theoretiker vor sich brabbeln. Es wird nur dann gefährlich, wenn sich die Anhänger zum Handeln berufen und genötigt fühlen, um irgendein Gut zu bewahren. Ein düsteres Beispiel dafür dürfte die Hexenverfolgung sein, als man vermeintlich den Bösewichtern habhaft wurde.
Es handelt sich dabei um einen kollektiven Wahn. Wie häufig nur liest man von den Sekten, die sich dem Hier und Jetzt durch kollektiven Selbstmord entziehen? Die glaubt, dass das Ende der Zeit angebrochen sei?
Wie der Schwur in das Wort Verschwörung kommt, weiß ich indes nicht: vielleicht geht es in der Tat immer nur um das Zusammensein im Anderen. Das ist auch schön als Gefühl: man ist anders als die Mehrheit; und dennoch nicht alleine.