Wenn der das gesagt hat, glaube ich das. Man könnte unbesehen und ungeprüft übernehmen, was der Heilige geäußert hat.
Das hat immer funktioniert: es ist ein attribuiertes Mentoring. Das können real bekannte Menschen sein, aber auch ferne Persönlichkeiten, die in der Öffentlichkeit stehen.
Menschen zu Göttern seiner Meinung machen ist so einfach und bequem. Denn man muss nicht nachdenken und kann einfach nur ‚Glauben schenken‘. Das geht mit Verehrung und Hingebung einher.
Aber es ist auch wichtig für eine Demokratie und eine Arbeitsteilung. Denn wer einfach nur der Einschätzung anderer glaubt, ohne sie zu prüfen, der wird nicht beurteilen können, an seinen eigenen Werten und Interessen überprüfen können, ob eine Meinung konsistent ist.
‚Glauben schenken‘ trifft es gut. Denn der Glaube ist selbst gewählt. Man kann, muss es aber nicht. Bei Religionen wird verboten, am Glauben zu zweifeln. Denn dann befürchtet man, den versprochenen Schutz und die Fürsorge auf das Spiel zu setzen. Also muss man glauben. Dazu kommen natürlich die Sanktionen der realen Umwelt in der eigenen Gemeinschaft.
Dem Spezialistentum muss man sich fraglos unterwerfen. Denn dem Arzt kann man nicht absprechen, dass er eine Ahnung hat. Man muss ihm jedoch vertrauen, dass er weiß, was er tut.
Aber nicht alle Fragen im alltäglichen Leben erfordern wissenschaftliche Kenntnisse, vor allem nicht, soweit es um Einschätzungen der sozialen Interaktionen im weitesten Sinne geht.
Ein Beispiel: man trifft neu auf eine Person, die ein Bekannter bereits kennt. Äußert er auch nur Zweifel an diesem Menschen, muss man sich entscheiden: will man sich darauf verlassen? Oder will man testen, ob die Meinung auch seine eigene sein kann?
Und während ich das so schreibe, erlebe ich just eine Bestätigung der obigen abstrakten Formulierung: eine junge Kollegin erzählt mir – mit dem Hinweis eines Wissenden – dass eine Person x von einer ihr bekannten Person y gecoacht würde. Auf meine Frage, woher sie das wisse, bezog sie sich auf jemanden, der alles weiß. Mein Zweifel würde mit einem dieser Lidbewegung quittiert, dass dies hohle Besserwisserei sei.
Es ist wie die ungeprüfte Aussage in der Schule, dass der eigene größere Bruder stärker als alle anderen sei – basta! Alternativ und in einem besseren Lichte wäre die Formulierung, dass man für jemanden anderen die Hand ins Feuer lege.
Dieser unbedingte Glaube an die Tadellosigkeit und Fehlerfreiheit ist weltfremd. Irgendwie scheint mir der Bullerbü-Effekt dafür ursächlich. Doch Bullerbü ist Fiktion.