Palaver ist ein schönes Wort, das den Vokal ‚a’ zum Klingen bringt. Es ähnelt dem Palare im Italienischen.
Ich kenne eine Reihe von Leuten, die Gespräche nicht beenden können: kommt es zur ersten Andeutung einer Abrundung oder eines Abschlusses, entspringt erneut die Lust am Reden. Und ein neues Thema wird eröffnet.
Es gibt auch Menschen, die Dialog als Monolog missverstehen: dazu zähle ich einige Kollegen. Der eine wendet sich dann an den Adressierten – unterhalb der Komfortzone, die man gemeinhin auf eine Elle Länge bemisst. Eine andere kann in einem Gespräch den anderen nicht erneut sprechen lassen und fährt mit lauterer Stimme fort, ohne Inhaltliches zu sagen. Ein weiterer redet in jedem Dialog 3x so viel wie der andere, als ob es eine fixe Idee wäre. Und eine letzte Kollegin unterbricht das Gegenüber in einem Dialog ständig mit ‚bitte?‘. Formuliert der dann erneut seinen Satz, wird er sofort wieder unterbrochen.
Das Opfer dieses Schwalls fühlt sich dominiert, ja ungehört. Es ist wie ein Schauer Regen, der auf einen niederprasselt, ohne ihm entweichen zu können. Es ist ein wenig wie Missbrauch: denn man erlebt das Zuhören als Gefangenschaft und Fremdbestimmung.
In ihrer Cicero-Kolumne en passant hat Sophie Dannenberg kürzlich auch genau das berührt: https://www.cicero.de/search/node?keys=Dannenberg. Sie haben gehört, dass Menschen im Verlauf ihres Lebens einen Gutteil daran verschwenden zuzuhören.
Man muss sich fragen, wie solche Änderungen von der Normalität entstehen. Und welchen Zweck es wohl erfüllt? Was haben nur diese Vielsprecher davon? Bekommen sie nicht mit, dass man sich flehentlich nach einem Ende sehnt? Noch schlimmer wird es, wenn der andere dann noch räumlich näher kommt oder gar mit Berührungen Nähe kommuniziert.
Man muss schließen, dass das für den anderen wichtig ist; dass er sich gar wohl fühlt, indem er spricht. Es ist vermutlich nicht nur Teil seines Verhaltensrepertoires, sondern seines Charakters und seiner Persönlichkeit. Es ist ihm ein Bedürfnis. Er ist süchtig danach.
Umso schwieriger ist es, sich dessen zu verwehren, weil es einem auf die Nerven geht. Es heißt, genau diesen Teil einer Persönlichkeit zunächst auf die Ebene des Gesprächs zu heben und dann noch rational zu thematisieren. Das könnte in etwa so klingen: ich sehe eine Unwucht in unseren Redeanteilen; gerne würde ich dieselbe Gelegenheit haben, meine Gedanken auszuführen; oder ich möchte auch sprechen. Ob das gehört würde?