Armselig

Woher kommt eigentlich dieser Begriff?

Lassen Sie uns spekulieren: auch die Armen kommen in das Himmelreich; weil man arm ist, kann man sich nicht größerer Betrügereien schuldig gemacht haben; es kann die Entschuldigung sein, dass Arme auch in der Kirche wichtig sind, wenn sie nichts spenden; gerade die Armen sind selig, da sie nicht durch Gier verdorben werden.

Es ist im Sprachgebrauch allerdings eine vernichtende Beurteilung: denn der Sprechende sagt damit, dass der Adressierte für ihn ‚gestorben‘ ist. Es ist wie ein Urteil vor Gericht – und zwar ein absolutes!

Im Wörterbuch steht:

1. wegen materieller Armut karg, elend, ärmlich

2. abwertend: jämmerlich, gering, unzureichend

Auch ist zu lesen, dass sich ‚selig’ nicht von Seele ableitet, sondern aus dem Althochdeutschen für gut, glücklich, gesegnet, heilsam.

Damit aber ist noch immer nicht geklärt, wie es das Wort zu einer solchen Bedeutung geschafft hat.

Ich nutze das Wort selten aktiv: ich würde wohl dann Gebrauch davon machen, wenn ich etwas moralisch aburteilen wollte. Beispiel wäre das Bestehlen eines Obdachlosen. Erst im Nachgeschmack würde mir wohl klar, dass ich dann wir eine höhere moralische Instanz agieren und urteilen würde. Das wäre mir wieder zu viel an Selbstverpflichtung und Augenzwinkern. Vermutlich würde ich armselig eher als gutes Wort nutzen, die Ärmsten der Armen zu bezeichnen. Noch gebrauche ich arme Tröpfe.

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